Gegen den Korpsgeist

Polizist wegen Lüge verurteilt

VON MALENE GÜRGEN

Hier hat sich die Polizei nun wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert: Erst attackiert ein Beamter ohne jeden Grund einen Myfest-Besucher mit Pfefferspray. Dann macht er im folgenden Gerichtsprozess falsche Aussagen und wird dabei von einem Kollegen gedeckt, der die gleichen Lügen erzählt. Dieser will auch dann nicht von seiner Version abweichen, als längst klar ist, dass sich die Ereignisse erwiesenermaßen anders abgespielt haben.

Es ist gut, dass das Gericht die Angeklagten schuldig gesprochen hat, auch wenn das Strafmaß wie so oft bei Prozessen gegen Polizisten unter der Grenze bleibt, ab der sie berufliche Konsequenzen zu fürchten hätten. Dass es diese Urteile gab, ist aber vor allem einem Zufall zu verdanken: Hätte ein Nachbar die Szene nicht auf Video festgehalten, wäre es wohl nie zu einem Prozess gekommen.

Mit Lächeln quittiert

Wie viele Fälle von Polizeigewalt mag es geben, die undokumentiert bleiben und nie zur Anzeige gebracht werden? Wie viele Falschaussagen von Polizisten, die nie aufgedeckt werden können? Angeblich unabhängig voneinander entstandene Polizistenaussagen, die sich bis auf den letzten Grammatikfehler gleichen; Zeugen, die freimütig einräumen, das Protokoll ihrer Vernehmung selbst geschrieben zu haben – das ist gang und gäbe in Prozessen mit Polizeizeugen und wird von vielen RichterInnen höchstens mit einem Lächeln quittiert.

Was dagegen hilft, hat dieser Prozess auch gezeigt: Zückt die Smartphones! Gegen den Videobeweis kommt im Zweifel auch der stärkste Korpsgeist, die dreisteste Lüge nicht an.