Ein Erdkabelgesetz für Niedersachsen

CDU und FDP verabschieden Regelung für Hochspannungsmasten. Skeptisch ist sogar die Landesregierung

„Keine Monstertrasse“ und „Ab in die Erde“ stand auf den Plakaten, mit denen Bürger aus Südniedersachsen gestern vor dem Landtag in Hannover gegen Hochspannungsmasten vor ihrer Haustür demonstrierten. Da hatte das hohe Haus gerade mit Stimmen von CDU und FDP das Erdkabelgesetz beschlossen, das den Protesten den Wind aus den Segeln nehmen soll. Von einem „Signal nach Berlin“ sprach der zuständige Landwirtschaftsminister Heiner Ehlen (CDU). Und davon, dass Niedersachsen als erstes Bundesland „rechtliche und politische Fakten“ schaffe, um die Gesundheit von Trassenanwohnern zu schützen.

Die neue Regelung sieht vor, dass in Niedersachsen 380-Kilovolt-Freileitungen künftig mindestens 200 Meter von allein stehenden Häusern und 400 Meter von Wohngebieten entfernt stehen – oder unter die Erde verlegt werden müssen.

Ob die Anwohner tatsächlich vor Strahlen und Verschandelung ihrer Umgebung bewahrt werden, ist umstritten. Ein „Placebo“ sei das Gesetz, es habe „Schlupflöcher groß wie Scheunentore“ und werde dennoch sechs Wochen vor der Wahl durchs Parlament „gepeitscht“, sagte etwa der Grüne Hans-Joachim Janßen. Er fürchtet – wie auch die SPD –, dass wegen unpräziser Regelungen keineswegs ein Gros der rund 400 Kilometer Stromleitungen in Niedersachsen unter die Erde kommen wird.

Auch rechtlich scheint das Gesetz wackelig. „Ich gehe von Klagen von Betroffenen aus“, sagt etwa ein hohes Mitglied der Landesregierung, das ungenannt bleiben will: Das Landesgesetz aus dem Haus von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) basiere auf der „Einzelmeinung“ eines von Gabriel beauftragten Staatsrechtlers aus Dresden.

Wahrscheinlich wird der Bund mit einer Normenkontrollklage gegen das Landesgesetz vorgehen. Denn nach Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) meldete nun auch Bundesjustizministerin Renate Zypries (SPD) Zweifel an: Der Bund habe die ausschließliche Regelungskompetenz für die in Rede stehenden Leitungen. Die Einwände „sämtlichst für nicht zutreffend“ hielt derweil Udo Paschedag, eigens aus dem Bundesumweltministerium nach Hannover gereister Ministerialrat. KSC