Serbischer General verurteilt

UN-Tribunal verurteilt Exkommandeur wegen Belagerung Sarajevos zu 33 Jahren Haft

SARAJEVO taz ■ Der serbische General Dragomir Milošević ist gestern wegen der Belagerung von Sarajevo vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu 33 Jahren Haft verurteilt worden. Der heute 65-jährige ehemalige Kommandeur des Rumanija-Corps ließ die bosnische Hauptstadt 15 Monate bis Kriegsende 1995 beschießen. Diese Kriegshandlungen hätten nur den Sinn gehabt, Zivilisten zu treffen, erklärte das Gericht.

Die Begründung weist einige Propagandalügen zurück. So hob die Kammer den Granatbeschuss des Marktes der Stadt am 28. August 1995 hervor, bei dem 34 Zivilisten getötet und 78 verletzt worden waren. Das Gericht erklärte, der Markale-Markt sei von der serbischen Artillerie getroffen worden. Die serbische Kriegspropaganda hatte gleich nach dem Vorfall behauptet, die bosnische Armee habe auf die eigene Bevölkerung geschossen, um ein Eingreifen der Nato zu erzwingen. Diese These wurde auch von Teilen der westlichen Presse aufgegriffen und diente Interventionsgegnern als Argument gegen ein militärisches Eingreifen der Nato. Nach dem Markala-Vorfall entschloss sich die Nato einzugreifen. Die bosnischen Truppen erhielten grünes Licht für eine Gegenoffensive im September, Nato-Artillerie beschoss serbische Artilleriestellungen um Sarajevo, und Nato-Flugzeuge bombardierten serbische Positionen. Danach wurde der Weg frei für das Dayton-Abkommen im November 1995, mit dem Bosnien und Herzegowina in die bosniakisch-kroatische Föderation und die serbische Teilrepublik aufgeteilt wurde.

Die nach Abtrennung der eroberten Gebiete strebende damalige serbische Führung unter dem weiter als Kriegsverbrecher gesuchten Radovan Karadžić hatte einen Teilerfolg errungen. Sein Endziel war die Abspaltung der serbischen Teilrepublik.

Die Geschichte der 90er-Jahre ist in Bosnien präsent. Ende letzter Woche durchsuchten Eufor-Truppen die Wohnungen der Familie von Karadžić und sicherten Beweise über den Kontakt des Untergetauchten mit seiner Familie. Ende Oktober drohten serbische Nationalisten erneut mit der Abspaltung der serbischen Teilrepublik. Die serbischen Minister traten zurück. Nur mit diplomatischem Druck gelang es dem Hohen Repräsentanten Miroslav Lajčák und der EU, die Lage zu beruhigen. Am 4. Dezember paraphierte die EU ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Bosnien und Herzegowina, gestern gelang es, die gemeinsame Regierung erneut zu installieren. Ob die Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft einen Politikwandel in der serbischen Teilrepublik bewirkt, bleibt abzuwarten. ERICH RATHFELDER