Beliebt, kein Einzelgänger

MOTIV Hat der junge Copilot Andreas L. den Absturz wirklich absichtlich herbeigeführt? Niemand in seiner Umgebung kann sich bislang erklären, was ihn dazu gebracht hätte

„Er war 100 Prozent flugtauglich. Ohne jede Auffälligkeit“

LUFTHANSA-CHEF SPOHR

VON SASKIA HÖDL

Berlin taz | Der Copilot und erste Offzier Andreas L. war erst 28 Jahre alt, als er den den Germanwings Airbus A320 mit 149 weiteren Menschen an Bord von Barcelona nach Düsseldorf fliegen sollte. Nach Angaben der französischen Staatsanwaltschaft steht er nun unter Verdacht den Absturz des Fluges 4U 9525 am vergangenen Dienstag absichtlich herbeigeführt zu haben.

Auf den Aufnahmen aus dem Cockpit höre man ihn ruhig atmen, heißt es in der Pressekonferenz der Ermittler, er sei also bis zum Absturz am Leben gewesen. Andreas L. soll alleine im Cockpit gewesen sein und den Sinkflug willentlich eingeleitet haben, auf das hörbare Klopfen des Kapitäns Patrick S., der zuvor das Cockpit verlassen habe, um auf die Toilette zu gehen, habe er nicht reagiert.

Aufgewachsen ist Andreas L. in einem ruhigen Wohngebiet in Montabaur, einer kleinen Stadt in Rheinland-Pfalz, im südlichen Westerwald. 2007 hat Andreas L. dort auch sein Abitur gemacht.

Zuletzt soll er zeitweise bei seinen Eltern gewohnt haben, jedoch hatte der Pilot eine Zweitwohnung in Düsseldorf.

Bereits als Jugendlicher begeisterte sich Andreas L. fürs Fliegen. Er war Mitglied des Segelfliegervereins LSC Westerwald, wo er auch die ersten Flugstunden erhielt. „Er konnte sich seinen Traum erfüllen, den Traum, den er jetzt so teuer mit seinem Leben bezahlte“, stand am Donnerstag noch in der Trauerbekundung auf der Seite des Vereins, die inzwischen nicht mehr abrufbar ist.

Peter Rücker, langjähriges Vereinsmitglied des LSC Westerwald, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Andreas L. sei ein netter junger Mann gewesen, „lustig und vielleicht manchmal ein bisschen ruhig“. Er sei beliebt, gut integriert und auch kein Einzelgänger gewesen. Er traue es Andreas L. nicht zu, das Flugzeug absichtlich zum Absturz gebracht zu haben, fügte Rücker hinzu: „Ich bin einfach nur sprachlos. Ich habe keine Erklärung dafür. Es ist einfach nicht möglich, es sei denn, er wurde von al-Qaida trainiert.“

Im vergangenen Jahr habe er seine sogenannten Scheinerhaltungsflüge gemacht, sagte der Vereinsvorsitzende Klaus Radke gegenüber dpa. „Da habe ich ihn als sehr netten, lustigen und höflichen Menschen kennengelernt.“

Seine Pilotenausbildung machte Andreas L. zuvor auf der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa in Bremen, im September 2013 kam er dann zu Germanwings. Bis zu dem Absturz hatte er 630 Flugstunden absolviert. Laut Lufthansa-Chef Carsten Spohr habe es während der Pilotenausbildung vor sechs Jahren eine mehrmonatige Unterbrechung gegeben, zu den Gründen wollte sich Spohr nicht äußern. Danach sei die Eignung des Mannes aber nach allen Standards überprüft worden. „Er war 100 Prozent flugtauglich. Ohne jede Auffälligkeit“, sagte Spohr. Es gebe bisher keine Informationen über einen terroristischen Hintergrund oder die Beweggründe, die Andreas L. veranlasst haben könnten, das Flugzeug zum Absturz zu bringen.

Donnerstagnachmittag bestätigte die Düsseldorfer Polizei, dass die französischen Staatsanwälte die Ermittler in Düsseldorf um Rechtshilfe gebeten haben. Vor der Wohnung des Copiloten am Stadtrand von Düsseldorf standen zu Redaktionsschluss Polizisten, der Nachrichtenagentur dpa zufolge wurde die Durchsuchung des Wohnsitzes begonnen.