Man muss es aber auch wollen

KORRUPTION AM BER

Mit einem solchen „Korruptionsexperten“ kann man keinen Blumentopf gewinnen

Sagen wir mal so: Selbst wenn Hartmut Mehdorn noch Chef des BER wäre, würde es ihn wohl nicht den Kopf kosten, dass Transparency am Dienstag die Zusammenarbeit mit dem Flughafen gekündigt hat. Zu groß ist die Begeisterung bei den politisch Verantwortlichen, dass der hemdsärmlige Macher die Dauerbaustelle wieder zum Laufen bekommen hat. Die möglichst rasche Eröffnung des Flughafens hat für alle Beteiligten absolute Priorität – für Nebensächlichkeiten wie Korruptionsbekämpfung bleibt da wenig Zeit.

Überhaupt: Was heißt schon Korruption? Dass Mehdorn davon eine recht merkwürdige Auffassung hat, kam Ende voriger Woche im BER-Untersuchungsausschuss ans Licht. Dort erklärte er zum Fall des Francis G., eines ehemaligen Mitarbeiters der Flughafengesellschaft, der womöglich Schmiergeld von der Firma Imtech angenommen hat: Alles nicht so schlimm, denn es gebe ja gar keinen finanziellen Schaden für den Flughafen, also die öffentliche Hand. Für die Millionen, die Imtech durch G.s Intervention verdient hat, müsse die Firma spätestens in der Schlussabrechnung entsprechende Leistungen nachweisen oder Geld zurückzahlen. Und: Was könne der Flughafen dafür, „wenn die einen Mitarbeiter von uns bestechen“. Gegen einzelne korrupte Mitarbeiter, findet Mehdorn, sei ein Unternehmen machtlos. Pech gehabt!

Pech auch für Staatsanwaltschaft und Transparency, dass ihnen Mehdorn ein anonymes Schreiben vorenthalten hat, das bereits im Sommer 2013 Verdacht gegen G. äußerte. Der Mann, der sich im U-Ausschuss selbst lobte für seine Null-Toleranz-Linie gegen Korruption und für die enge Zusammenarbeit mit Transparency, hatte in seiner unendlichen Weisheit entschieden, dass das Papier „zu vage“ sei und man in dieser Sache nichts unternehmen müsse.

Mit einem solchen „Korruptionsexperten“ an der Seite kann man keinen Blumentopf gewinnen. Dass Transparency sich zu schade ist, als Feigenblatt für Unternehmen mit einer solchen Einstellung herzuhalten, versteht sich von selbst. Man könnte nun hoffen, dass sich das Problem mit Mehdorns Abgang erledigt hat und unter dem neuen Chef ein anderer Wind wehen wird. Aber man sollte sich nichts vormachen: Diese Baustelle ist ein Augiasstall – und es gibt viele Firmen, die wie Imtech eine Menge Mist angekarrt haben. Dennoch gelten sie als die einzigen, die ausmisten können. Pingelige Korruptionsjäger sind da nicht gefragt. Denn jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.

SUSANNE MEMARNIA