Maut mit Änderungen beschlossen

VERKEHR Bundestag stimmt für umstrittene Abgabe – trotz massiver Zweifel an Einnahmeprognosen

BERLIN taz | „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben“, hatte Angela Merkel im TV-Duell vor der Bundestagswahl versprochen. Doch am Freitag stimmte die Bundeskanzlerin ebenso wie die gesamte Union-Fraktion und die große Mehrheit der SPD im Bundestag für das „Gesetz zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen“. Die umstrittene Maut kann damit im nächsten Jahr kommen; der genaue Termin ist noch offen.

„Wir sorgen für Gerechtigkeit bei der Finanzierung unserer Straßen“, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Seine CSU hatte im Wahlkampf massiv für eine „Ausländermaut“ geworben, mit der sich auch nichtdeutsche Pkws an den Kosten des Straßennetzes beteiligen. Weil eine Maut nur für Ausländer EU-rechtlich nicht erlaubt ist, wird die Abgabe formal für alle fällig; für deutsche Fahrer sinkt jedoch die Kraftfahrzeugsteuer in gleicher Höhe, sodass es vorerst keine Mehrbelastung gibt.

Die Opposition äußerte erneut Zweifel, dass dies zulässig ist. „Diesen Taschenspielertrick wird die EU nicht akzeptieren“, warnte Herbert Behrens (Die Linke). Die geplante „Wegelagerei“ gegenüber Ausländern passe zudem nicht zur Idee offener Grenzen. Auch Anton Hofreiter (Grüne) übte scharfe Kritik. „Hier wird eine Stammtischparole in Gesetzesform gegossen“, sagte er. „Aber diskriminierungsfreie Diskriminierung gibt es nun mal nicht.“

Als Reaktion auf die Bedenken der EU hatte die große Koalition das Gesetz kurzfristig geändert. Ebenso wie die jährliche Abgabe der deutschen Kraftfahrzeuge sollen nun auch die Kurzzeitvignetten, die ausländische Autofahrer erwerben können, je nach Schadstoffausstoß gestaffelt sein. Dadurch steigt allerdings der Verwaltungsaufwand erheblich an, so dass die Nettoeinnahmen aus der Maut weiter sinken.

Dobrindt rechnet offiziell mit jährlich 500 Millionen Euro Mehreinnahmen. Mehrere Gutachter hatten diesen Betrag angezweifelt. Die Einnahmen seien zu hoch, die Verwaltungskosten hingegen zu niedrig angesetzt, hieß es etwa in einer Studie der Verkehrsberatungsgesellschaft Schmid Mobility Solutions. Tatsächlich würden nur 140 Millionen Euro eingenommen. Andere Berechnungen kamen zu noch geringeren Werten.

Aus der SPD, die die Maut ursprünglich abgelehnt hatte, gab es am Ende nur elf Gegenstimmen. Fraktionsvize Sören Bartol verteidigte das Vorhaben damit, dass die SPD wichtige Änderungen durchsetzen konnte. So sei die Speicherfrist für die Daten von Pkw-Fahrern verkürzt worden; zudem soll das Gesetz nach zwei Jahren überprüft werden.

Mehrere Nachbarstaaten wollen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das Gesetz klagen. Das hätte aber keine aufschiebende Wirkung, und ein Urteil würde wohl erst in zwei Jahren fallen. MALTE KREUTZFELDT

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