leserbriefe
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Im geistig-moralischen Komplex

■ betr.: „Oh, wie grün ist die Raumfahrt“, taz bremen v. 12.12.

Aus welchen gedanklichen Nebelbänken stammt bloß diese industriepolitische Position des grünen Landesvorsitzenden Hermann Kuhn? Dem Bericht nach begründet er die mit Steuern bezahlte Entwicklung einer in der Erdumlaufbahn stationierten Waffenlenkanlage beim Bremer Hersteller OHB damit, dass man mit dieser Technik die Kriegsgegner besser totschießen kann, als wenn man sich beim Zielen auf die Technik des Kriegsverbündeten stützt. (...)

„Grün“ ist an Kuhns Position hier nur, dass die Steuergelder bei einem Bremer Unternehmen landen und die Grünen in Bremen mitregieren. (...) Christian Saupe-Wüst, Bremen

Grüne auf Tauchstation

■ betr.: ebd.

Klaus Wolschner schreibt, es habe bei der Veranstaltung keine Kontroversen gegeben. Es gab sie – aber der taz-Autor war da längst nach Hause gegangen. (...) Die Grünen Saxe und Kuhn äußerten sich umfassend positiv zur Raumfahrt, waren aber nicht in der Lage, dass zu begründen. Es sei denn, man lässt die Äußerung, „der Mensch ist nunmal neugierig“ (Kuhn) oder die Rede vom „interessanten Wirtschaftsförderungsgedanken“ (Saxe) als Argumente gelten. (...)

Folgerichtig stellten die beiden Grünen den geladenen Interessenvertretern Marco Fuchs von OHB und Stephan Holsten vom Ceon zwar eine Bühne, aber gar keine Frage – von einer kritischen ganz zu schweigen. Die Raumfahrtmanager äußerten sich, wie überraschend, positiv zu dem, was sie verkaufen. Beide wiesen immer wieder darauf hin, dass es ihnen nicht wichtig sei, ob Satelliten jetzt grün seien oder nicht – die beiden Grünen hörten konsequent weg. Dass RotGrün den Aufklärungssatelliten SARLupe bei OHB bestellt hat, dieser Umstand passte wohl nicht in die „Raumfahrt ist toll“-Stimmung vor allem von Kuhn – es blieb den Managern überlassen zu erwähnen, dass Raumfahrt auch eine militärische Komponente hat. Und ebenfalls waren es die Vertreter von OHB und Ceon, die mit dem Publikum politisch-kritische Fragen diskutierten – den Rüstungsaspekt von Satelliten oder ihre Nutzung durch FRONTEX, während Kuhn und Saxe fast durchgehend auf Tauchstation gingen.

TORSTEN SCHLUSCHE, Bremen

Unbezahlte Zeit in Krankenhäusern

■ betr.: „Keine Ahnung, keine Assistenz“, taz bremen vom 12.12.11

Der Bericht über den menschenverachtenden Umgang in Bremer Krankenhäusern mit Menschen, die Assistenz benötigen, hat uns, als Arbeitnehmer_innen in der persönlichen Assistenz, getroffen, ist uns aber nicht neu. Frau Monika S. ist nicht zum ersten Mal in die beschriebene Lage geraten, und wir haben oft genug mit Anderen zu tun, denen Ähnliches widerfährt. (...)

Wir wollen in diesem Rahmen auf unsere Situation aufmerksam machen, denn wir haben schon viel unbezahlte Zeit in Krankenhäusern verbringen müssen, um die Assistenznehmer_innen auch und gerade in Notlagen nicht ihrem Schicksal zu überlassen. (...)

Die Arbeitnehmer_innen in der persönlichen Assistenz sind seit fast 20 Jahren von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt. Wir sind angestellt als ungelernte „Helfer_innen“ (...) Das führt auch dazu, dass es immer schwieriger wird, geeignete Menschen zu finden, die diese anspruchsvolle Arbeit machen wollen – die Leidtragenden dieser Entwicklung sind die Assistenznehmer_innen.

Unsere Lohnhöhe ist abhängig von einem politischen Willen, der die Belange behinderter Menschen tatsächlich umsetzt und auch diejenigen nicht vergisst, die diese Arbeit machen. Wir fordern Löhne auf dem Niveau der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (TVöD). Was die Stadt ihren direkt Beschäftigten in der sozialen Arbeit zahlt, darf sie den Beschäftigten der privaten Träger nicht vorenthalten.

Betriebsrat und Beschäftigte der Assistenzgenossenschaft