sarah BSC
: Tröstende Worte

Kurz vor Weihnachten spielt Bayern gegen Hertha im Olympiastadion. Schon vor Jahren war ich mal dabei. Ich arbeitete damals für eine kleine TV-Klitsche, deren Chefs sich anlässlich der jährlichen Betriebsweihnachtsfeier gedacht hatten, es wäre schön, erst gemeinsam zum Fußball zu gehen und dann in einem Frohnauer Restaurant einzukehren. Wäre es auch. Wenn die Chefs nicht gebürtige Münchner gewesen wären. Wir anderen hingegen, also die Belegschaft der kleinen TV-Klitsche, waren Berliner und damit natürlich für Hertha. Zumindest gegen München.

Das erste Problem, vor das uns diese Einladung stellte, war die Frage der Garderobe. Natürlich war es furchtbar kalt, und unsere Plätze waren keineswegs in der geheizten VIP-Lounge. Also Stiefel, lange Unterhosen, Hemden aus Angora, Sitzkissen, Wärmflaschen, Schals, Mützen und Outdoorjacken. Aber danach ging es ja ins Lokal, und da sollte gegessen, getrunken und womöglich getanzt werden. Dass dies kein Vergnügen bereitet, wenn man in mehrere Lagen wärmender Textilien eingepackt ist, in denen man sich höchstens wie ein dicker Tanzbär bewegen kann, wurde nicht bedacht. Also hieß es entweder oder. Die Männer entschieden sich größtenteils fürs Entweder, die Frauen fürs Oder.

So saßen wir mit blaugefrorenen Lippen, Händen, Füßen und Hintern neben bis zur Unkenntlichkeit eingemummelten Männern im Olympiastadion. Es machte keinen Spaß. Nur dann und wann schrien die Chefs „Tooooor“, stießen uns in die Seiten, kippten dabei unsere wärmenden Teebecher aus und zogen erstaunte Augenbrauen in die Höhe, weil die Freude nicht geteilt wurde. Wie, seid ihr etwa für Hertha?, fragten sie. Klar, antworteten wir. Selber schuld, entgegneten sie. Geht doch zurück nach München, grummelten wir.

Hertha verlor das Spiel damals. Auf dem langen Weg nach Frohnau mussten wir uns sogenannte Spielanalysen anhören, die hauptsächlich aus Glorifizierungen einzelner bayrischer Spielzüge bestanden. Zur Rache tranken wir sehr viel mehr, als die Chefs uns zugetraut hätten und so teuer es uns möglich war.

Noch später, auf dem Heimweg, als wir endlich wieder unter Berlinern waren, versuchten wir uns über das Spielergebnis hinwegzutrösten, was keine leichte Aufgabe war. Niemandem fiel etwas wirklich Tröstendes ein. Doch dann fand einer die rettenden Worte, und dieser Satz möge auch euch über die Winterpause retten: „Wir sind immer noch besser als Bielefeld!“ Na bitte, es geht doch. SARAH SCHMIDT