KINDERRECHTE IM GRUNDGESETZ MÜSSEN KONKRET SEIN
: Die SPD lässt Blumen regnen

Wer traut sich schon, gegen die Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung zu sein? Das klingt gut und schadet zumindest nicht. Genau deshalb hat die SPD jetzt auch eine Kampagne „Kinderrechte ins Grundgesetz“ gestartet. Die Opposition aus Grünen, FDP und Linken war gleich mit dabei. Nur die CDU/CSU ist gespalten, manche sind dafür, manche dagegen. Damit hat die Kampagne ihr Ziel erreicht. Die SPD ist nun die Partei der Kinderrechte, und die Union steht zögerlich daneben.

In der Praxis würde sich durch eine Grundgesetzänderung aber nichts ändern. Kinder haben im Grundgesetz schon heute eigene Rechte, auch wenn einzelne SPD-Abgeordnete immer wieder das Gegenteil behaupten. Denn selbstverständlich gelten die Grundrechte auf Leben, körperliche Unversehrtheit und die freie Entfaltung der Persönlichkeit auch für Kinder. Außerdem heißt es in Artikel 6, dass die staatliche Gemeinschaft über die Erziehung durch die Eltern „wacht“.

Das alles kann man natürlich noch blumiger ausdrücken. Doch wer damit einmal anfängt, sollte das Grundgesetz gleich neu schreiben. Denn auch die wichtige Rolle von Müttern und Vätern, LehrerInnen und Kindergarten-ErzieherInnen könnte – ja müsste! – im Grundgesetz endlich in deutlichen Worten hervorgehoben werden. Das wäre ein verfassungspolitisches Signal, damit sich alle mal wirklich anstrengen – für unsere Kinder.

Wirklich sinnvoll am Vorstoß der Sozialdemokraten ist eigentlich nur das Recht auf eine „gewaltfreie Erziehung“. Das steht seit einigen Jahren zwar auch im Bürgerlichen Gesetzbuch. Nachdem die Gerichte aber jahrzehntelang ein Züchtigungsrecht der Eltern akzeptiert haben, kann man kaum behaupten, dass sich das Verbot von Rohrstock und Ohrfeige bereits aus dem Grundgesetz ergäbe.

Zu erinnern ist deshalb an den eigentlichen Sinn der Grundrechte. Sie sollen den Bürgerinnen und Bürgern einklagbare Rechte geben – auch gegen Mehrheitsentscheidungen des Gesetzgebers. Alles andere – etwa die ausreichende Ausstattung der Jugendämter oder die Ausgestaltung von Vorsorgeuntersuchungen – ist dann Aufgabe von Regierung, Parlament und Behörden. CHRISTIAN RATH