„In dem Stadium greifen wir sie ab“

Das „dramatische Stadtmagazin“ Hamburg Empire stellt auf Kampnagel Jungpolitiker auf die Bühne, die vor der Parteikarriere stehen und darum noch Spuren „aufrichtiger Haltung“ erkennen lassen

MARTIN KREIDT, 46, lebt als Regisseur und Theaterdozent in Hamburg. Er führt auf Kampnagel Regie CHRISTOPH TWICKEL, 41, Journalist und Autor, tritt auf Kampagel als Moderator auf

taz: Herr Twickel, Herr Kreidt, warum holen Sie sich im Hamburger Wahlkampf Jungpolitiker auf die Bühne?

Christoph Twickel: Es gibt dieser Tage viele langweilige Schnittstellen zwischen Bürgern und Politikern, und wir haben das Gefühl, dass man das deutlich spannender machen kann. Das ist das Ziel des Abends, eine aufregende Begegnung herzustellen zwischen Leuten, die ja noch nicht unbedingt Politiker sind, die sind ja in einem Stadium zwischen Macht und Engagement.

Die sind noch auf dem Sprung.

Twickel: Ja, die haben ihre Einstiegsdroge genommen in der Jugendorganisation ihrer Partei und drohen jetzt abzurutschen ins Politikerdasein. In dem Stadium greifen wir sie ab und holen sie noch mal auf die Bühne.

Die Jungpolitiker sollen sich bei den Proben schon fast zu gut verstanden haben.

Martin Kreidt: Das bleibt natürlich bei so einer Sache nicht aus. Theater hat ja eine sehr positive Energie und führt die Menschen immer zusammen. Und so geht es auch den Politikern, die da zusammen auf der Bühne stehen. Außerdem muss man sagen, dass sich die Grenzen deutlich aufgelöst haben.

Sie meinen die Grenzen zwischen den Parteien.

Kreidt: Ja, und auch im Selbstverständnis der jungen Akteure.

Aber wenn sich alle total lieb haben, wo ist dann die Spannung?

Kreidt: Na ja, lieb haben ist übertrieben. Spannend ist es, diese Leute zu sehen, diese Schnittstelle zwischen Parteikarriere und Herzblut oder aufrichtiger Haltung. Zwischen diesen beiden Polen changiert das hin und her. Ich finde diese Menschen sehr interessant.

Glauben Sie, dass Sie mit ihrer Performance ein bisschen Schwung in den Hamburg-Wahlkampf bringen?

Twickel: Das Interessante an Wahlkämpfen ist ja, dass politische Erregung produziert werden muss. Da sehen wir uns nicht in der Pflicht, die weiter anzuheizen. Trotzdem ist es ja nicht so, dass alle Parteien dasselbe wollen. Wenn der Abend funktioniert, schafft er es, fundamentale Unterschiede im Menschenbild klarzumachen.

Die Veranstaltung dient eher zur Orientierung des Bürgers?

Twickel: Nicht als Entscheidungshilfe, aber vielleicht als Interpretationshilfe.

Sie machen das drei Abende hintereinander, ist das immer das Gleiche?

Twickel: Das Interessante daran, es dreimal zu machen, ist, dass jedes Mal etwas anderes passiert. Wir müssen die Jungpolitiker ja auch überraschen. Wenn du jemand an einem Abend eine Frage stellst und ihn aufs Glatteis führst, ist er am nächsten Abend gut vorbereitet. Es wird also drei Abende lang Ausweichbewegungen von denen geben, und wir werden versuchen, sie dennoch in die Ecke zu drängen.

Naumann und Ole von Beust haben Sie nicht interessiert?

Kreidt: Nein, die sind perfekt aufgestellt. Das ist nicht aufregend. INTERVIEW: DANIEL WIESE

„Partei nehmen“: 19., 20. und 21. 12., 20 Uhr, Kampnagel