LESERINNENBRIEFE
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Wo Gewinner, da Verlierer

■ betr.: „Schwarz-Rot will Athen scheitern lassen“, „Großkonzerne fordern Anschluss der Schweiz an TTIP, taz vom 31. 3. 15

Bedanken möchte ich mich beim Linken-Geschäftsführer Matthias Höhn, der vor dem Scheitern der griechischen Regierung warnt, und bei den Schweizer Großkonzernen, die den Anschluss an das Freihandelsabkommen TTIP fordern. Klare Worte, ein armes und ein reiches Land betreffend. Jetzt sollte dem letzten Zeitgenossen klar werden, wohin der Hase läuft.

Das geschwächte Griechenland mit seinem geringen Anteil an der Gesamtwirtschaftsleistung der Euroländer bleibt vor allem für die Regierung der BRD ein Dorn im Auge. Bei dem unvorstellbaren Reichtum im Euroraum von rund 10.000 Milliarden Euro und mit etwas Vernunft wäre das Problem locker zu lösen. Aber nein, „die Deutschen wollen nicht für die Griechen zahlen“, was man so oder so ähnlich in großen Buchstaben auf Titelseiten immer wieder lesen kann. Und die Deutschen zeigen dazu im ZDF-Politbarometer, dass sie fast mehrheitlich dazu neigen, Griechenland den Euro wegzunehmen. Und die Deutschen geben der Kanzlerin auch die meisten Sympathiepunkte, vielleicht, weil sie verspricht, den Wohlstand zu garantieren, der ja durch die Griechen mit ihrer neuen Regierung gefährdet werden könnte. Wo nur informieren sich „die Deutschen“, möchte man fragen. Und die Schweiz? Als Nicht-EU/Euro-Land sucht sie die Nähe zu den Starken in der EU, um beim geplanten Freihandel mit den USA in der Oberliga mitzuspielen. Ja, die Starken, die machen sich große Sorgen, denn sie könnten schließlich im Wettbewerb mit der EU-Konkurrenz benachteiligt werden. Und spätestens hier sollte dem letzten Zeitgenossen zweitens klar werden, für wen TTIP gemacht wird: für die Global Player, die ganz großen Konzerne und die ganz Reichen, damit die Konzerne noch mächtiger und die Reichen noch reicher werden. TTIP soll der lahmenden Globalisierung noch mal richtigen Schwung verpassen. Und die Bürger, die Kleinunternehmer, die Kommunen? Und schließlich Griechenland? Ganz einfach: Wo es Gewinner gibt, muss es auch immer Verlierer geben. DIETER STOMPE, Erfurt

Exakte Sprache

b■ etr.: „Der Mann als Restrisiko“ v. H. Oestreich, taz vom 30. 3. 15

Sie haben den Artikel von Luise F. Pusch zur Rolle des Geschlechts beim Absturz der Germanwings-Maschine als „Bärendienst“ bezeichnet, da Frau Pusch die alte Schublade „Mann gleich Täter und Frau gleich Opfer“ aufgemacht hat. Aber aus diesen Zuschreibungen müssen wir doch rauskommen! Ja sicher müssen wir das, aber für mich stellt sich die Frage, ob Sie die richtige Adresse angesprochen haben. Sollten sich das nicht vielleicht die JournalistInnen an den Hut stecken, die immer noch nicht gemerkt haben, dass in dieser Welt verschiedene Geschlechter unterwegs sind. Was hat es uns aktiven FeministInnen bisher gebracht, dass wir uns die Finger blutig tippen, die Geschlechterrollen mehrfach konstruieren, dekonstruieren, intersektional verschränken, Sex von Gender trennen, und alles, was dabei herauskommt, ist, dass auch in der taz steht, dass 16 Schüler umgekommen sind und 2 Lehrer, obwohl es 14 Schülerinnen, 2 Schüler und 2 Lehrerinnen waren. Warum sollen ausgerechnet die, die sich sowieso schon Gedanken über eine exakte Sprache machen (denn genau darum geht es, um eine die Realität möglichst genau wiedergebende Sprache – das hat nichts mit Geschlechtergerechtigkeit zu tun!), nicht auch ein paar Stereotype bedienen, um denjenigen, die mal wieder die Welt nur männlich gedacht haben, den Spiegel vorzuhalten? Warum nicht mal eine steile These in den Raum stellen? Sprache ist immer mehr als lediglich ein objektives Zeichensystem, es spiegelt unsere Wahrnehmung und unsere Realität. Erst wenn wir ganz klar erkennen, dass in dieser Gesellschaft verschiedene Geschlechter leben und handeln, und erst, wenn das immer wieder aufgeschrieben wird – und zwar von ALLEN –, können wir die Geschlechtszuschreibungen in unseren Köpfen dekonstruieren; erst dann und nicht früher! KERSTIN WOLFF, Kassel