X-beliebiger Facebooknutzer will nicht aus SPD austreten

FALL EDATHY Die Sozialdemokraten wollen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten loswerden

BERLIN taz | Eigentlich könnte Sebastian Edathy die Strafe verschmerzen, die ihm der SPD-Vorstand androht. Damit die Justiz sein Kinderporno-Verfahren einstellte, musste er schließlich schon 5.000 Euro zahlen. Seine Karriere als Bundestagsabgeordneter ist ohnehin beendet. Dass ihn die SPD-Spitze noch dazu aus der Partei werfen will, fällt dagegen wirklich nicht ins Gewicht – und dennoch wehrt sich Edathy nun gegen das Parteiordnungsverfahren, dass die Sozialdemokraten vor wenigen Wochen wiederaufgenommen haben.

„Ich wollte ohnehin nicht austreten. Jetzt erst recht nicht!“, schrieb Edathy am Wochenende auf seiner Facebook-Seite. Zuvor hatte er den Antrag erhalten, mit dem der Bundesvorstand seinen Rausschmiss vorantreibt. Im Willy-Brandt-Haus wird man den Kommentar genau registriert haben, auf Nachfragen reagiert die SPD-Spitze aber schmallippig. „Ich beabsichtige nicht, jeden Facebook-Eintrag von x-beliebigen Leuten zu kommentieren“, sagte Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel.

Schwieriger Rausschmiss

Die Zurückhaltung kommt nicht von ungefähr. Ein Rausschmiss ist keine einfache Angelegenheit. Laut Parteiengesetz dürfen Parteien ein Mitglied nur ausschließen, „wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt“. Ob diese Bedingung erfüllt ist, entscheiden interne Schiedskommissionen. Für Edathy ist ein Gremium im SPD-Bezirk Hannover zuständig. Als seine Kinderporno-Affäre im vergangenen Jahr anlief, beantragte der Bundesvorstand dort den Rauswurf.

Die Genossen in Niedersachsen vertagten das Ordnungsverfahren zunächst, weil sie erst mal abwarten wollten, wie Edathys Strafprozess ausgeht. Hätten die Richter den SPD-Mann wegen Kinderporno-Konsums verurteilt, hätten sie damit auch Argumente für den Parteiausschluss geliefert. Das Gerichtsverfahren wurde aber eingestellt. Edathy gestand zwar, die fraglichen Videos bestellt zu haben – aber nicht, dass es sich dabei um strafbare Kinderpornos handelte.

Deshalb muss die SPD-Spitze noch genauer begründen, warum sie ihren Genossen loswerden möchte. In dem Antrag, über den sich Edathy am Wochenende ärgerte, verwies sie auf das Parteistatut. Darin steht: Gegen die SPD-Grundsätze verstoße, wer „sich einer ehrlosen Handlung schuldig macht“. Als solche Ehrlosigkeit wertet die Parteiführung Edathys Videobestellungen, ob strafbar oder nicht.

Bevor die Schiedskommission in den nächsten Wochen entscheidet, ob ihr diese Begründung ausreicht, darf sich Edathy selbst in mündlicher Verhandlung verteidigen. Gut möglich, dass ihn die Sozialdemokraten auch danach nicht loswerden. Thilo Sarrazin zumindest musste sich wegen rassistischer Äußerungen gleich zwei Parteiordnungsverfahren stellen. Mitglied der SPD ist er heute noch immer.

TOBIAS SCHULZE