Das perfekte Sedativum

Rolf Schimpf, 83, ermittelt zum letzten Mal als „Der Alte“ (ZDF, 20.15 Uhr). Sein Nachfolger Walter Kreye ist erst 65

Drei Fälle blieben ungelöst, drei von 222. Leo Kress hat sie fast alle gekriegt. Nur einer war ihm zuletzt stets voraus: Günther Jauch. Im Quotenkrimi am Freitag zog „Der Alte“ gegen Jauch ständig den Kürzeren. Gestört hat ihn das nicht. „Ein zweiter Platz ist doch toll“, sagt Rolf Schimpf.

Heute läuft die letzte Folge von „Der Alte“, Schimpf als Leo Kress, Leiter der Münchner Mordkommission. Kress übernahm den ersten Fall am 28. Februar 1986 – Ersatz für Siegfried Lowitz, den ersten „Alten“. Der hatte in 100 Folgen das konservativ geprägte Genre entstaubt, spielte den vom Bösen faszinierten Einzelgänger. Aus der Serie verabschiedete er sich mit einem Knall: Er wurde erschossen.

Kress geht jetzt einfach in Ruhestand. Das passt. Er ist ein gutmütiger, besonnener, schlitzohriger Dickkopf, über den Schimpf sagt: „Natürlich hat er meine Eigenschaften. Anders wäre das über die Zeit nicht zu schaffen gewesen.“ Von der ersten bis zur 222. Folge hat sich die Figur kaum verändert. Nur die Haare sind weniger geworden.

Eine Art monotone Ruhelosigkeit bestimmt den „Alten“. Der Leerlauf des Kriminalistenalltags – ohne Privatleben – in schäbig grün-grauen Büroräumen, zu denen die Anzüge der Ermittler so gut passen. Das ist gerontologisches Fernsehen – und sehr erfolgreich. Meist sahen 2007 mehr als fünf Millionen Menschen zu, wie Kress dort ermittelt, wo die Bücherwände voll und die Leuchter silbern sind. Die ARD hat für den „Tatort“ die neue Unterschicht längst entdeckt. Kress’ Mörder kommen noch meist aus dem bürgerlichen Milieu. „Der Alte“ ist wie Rosamunde Pilcher, nur ein wenig spannender. Damit wurde der Freitagskrimi zur Institution, das perfekte Sedativum zum Wochenausklang.

Im Dezember 2006 drehte Schimpf „etwas wehmütig“ die letzte Folge. Mit 82, so alt war er damals, „bin ich als aktiver Ermittler einfach nicht mehr glaubhaft“. ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut wollte, dass er weitermacht. 82 ist ja auch kein Alter für das ZDF. Und so will Schimpf weiter spielen. „Zu Hause sitzen und Däumchen drehen, das will ich nicht.“ Er erzählt von Kriegsverletzungen und wie er damals „Blut geleckt“ habe, im Lazarett. „Einen Arzt würde ich gerne spielen“, sagt er. Nur: Wie glaubhaft ist ein 83-jähriger Doktor, bei dem man ständig Angst hat, dass er jemanden verhaftet?

Der neue „Alte“ ist von März an der 65-jährige Walter Kreye („K3 – Kripo Hamburg“). „Ich spiele einen ruhigen, sympathischen Kommissar, der die Kollegen ernst nimmt, der überlegt.“ Klingt, als bliebe alles beim Alten. Doch Kreye versichert: „Gegen die eingefahrenen Geschichten möchte ich angehen und die Figur weiterentwickeln. Sonst schlafen mir die Füße ein.“ Aber den Jauch, den wird auch er wohl nicht kriegen. SEBASTIAN GIERKE