taz-Thema der Woche

Wulffsjagd im Deutschen Forst

■ betr.: „Das präsidiale Stückwerk“, taz vom 22. 12. 11

Skandal in Deutschland! Der Bundespräsident hat reiche Freunde, die ihm Geld leihen! Und das auch noch zu günstigeren Zinsen als bei einer Bank! Na so was! Und jetzt hören wir, dass der Bundespräsident auch noch in deren Häusern übernachtet hat! Wahrscheinlich hat er auch noch bei denen umsonst gegessen! Da wäre es doch besser, wenn er auf Kosten der Steuerzahler für private Zwecke rumgejettet wäre! Andererseits kann man natürlich mit so einem Riesenskandal prima unliebsame politische Gegner loswerden – das ist doch gelebte Demokratie – oder was?

STEFAN JOERISSEN, Erkelenz

■ betr.: „Das präsidiale Stückwerk“, taz vom 22. 12. 11

In der Nachkriegszeit kam ein erfolgreiches Unternehmen oder größerer Handwerksbetrieb kaum ohne eigenes Jagdrevier aus, um an lukrative öffentliche und nichtöffentliche Aufträge zu kommen. Inzwischen ist der Nimbus Jagd schal geworden. Heute ist der gemeinsame exklusive Urlaub oder ein kostspieliges Hobby der Türöffner zu den Biedermännern, die Aufträge zu vergeben haben. Strafrechtlich scheinen mir nur dahin Zweifel möglich, ob es sich um Vorteilsannahme oder schon Bestechung handelt. Genau auf dieses Niveau hat sich unser Bundespräsident begeben. Traurig. ALFRED MAYER, München

■ betr.: „Geht’s noch?“, Pro + Contra, taz vom 22. 12. 11

Sicher kann man pro Wulff einiges zusammenkehren, aber das reicht einfach nicht. Insbesondere ist es peinlich, wenn er das alte Wort vom Splitter im Auge der anderen und Ignorieren des Balkens im eigenen Auge lebt. Auch ich habe Bauchschmerzen, wenn ich ihn nur sehe. Seine Wahl ins Amt war mehr als peinlich, denn er wurde erst im dritten Wahlgang gewählt. Das nennt man nicht breite Mehrheit. In meinem etwas gebildeteren Umfeld sagen alle, Wulff muss gehen, möglichst noch vor Sylvester. Ich ertrage eher eine sinnfreie Rede von Horst Seehofer als eine verlogene Moralarie von diesem Herrn Wulff. Als Trost für ihn: Er würde weich fallen und das auf Lebenszeit. Ansonsten gibt’s sicher noch ein wohldotiertes Pöstchen bei einem seiner „Gönner“. Graf Wulffila von Herdamit, taz.de

■ betr.: „Geht’s noch?“, Pro + Contra, taz vom 22. 12. 11

Dass Wulff noch im Amt ist, steht für den Legitimationsverlust von Politik im Allgemeinen. Die Verzahnung von Politik und Vorteilsnahme scheint innerhalb der oberen Politikerkaste en vogue, was wohl auch erklärt, warum nur halbherzige Kritik am Bundespräsidenten seitens der Parlamentarier geübt wird. Wer spricht denn eigentlich von Rücktritt? Das aktuelle Szenario liefert beispielhaft einen wichtigen Erklärungsgrund für die zunehmende Entfremdung der Menschen von der „Nomenklatura“.

Beim Blick auf die Landkarte wird im Westen eine Demokratie im monarchistischen Stil sichtbar. Den Blick nach Osten gewandt, ist ein wieder erstarkendes autoritäres Regime zu sehen. Das Problem ist nur, dass keine ernstzunehmenden europäischen Bewegungen am Horizont sichtbar sind, die diesen Verlust ihrer jeweiligen Regierungen fokussieren und in einen Legitimationsgewinn für ihre eigenen Modelle von Demokratie umwandeln können. Die Occupy-Bewegung schießt sich beispielsweise auf Banken und den Finanzmarkt ein. Aber wer kann diesen Systemen Grenzen setzen? Wir! Als Kollektiv versammelt, welches die politischen Machtverhältnisse selbst in die Hand nehmen will und nicht wie im verstaubt repräsentativen System ständig aus der Hand gibt.

Wir, das Kollektiv, sind die 99 Prozent, die nicht nur die Banken in die Schranken weisen, sondern eine Demokratie und Politik der „Echtzeit“ fordern können und sollten.

Eine Zeit, in der die Technologie alle denkbaren Formen von Selbst- und Mitbestimmung liefert, ist mit einem nicht zeitgemäß verstaubten Demokratiesystem versehen. Eine Demokratie der 99 Prozent bräuchte keine charakterlosen Präsidents- und Kanzlermarionetten, aber mehr Menschen mit Charakter. Dany, taz.de

■ betr.: „Geht’s noch?“, Pro + Contra, taz vom 22. 12. 11

Im Jahr 2008 gab es die Lehman-Pleite und das Kreditklima war über Monate erheblich belastet. Damals hat Ministerpräsident Wulff dringlich nach einer angemessenen Lösung für ein scheidungsbedingtes Wohnungsproblem suchen müssen. Wenn ein vielbeschäftigter MP in einer solchen Lage die Hilfe von Freunden in Anspruch nehmen kann, so war das durchaus honorig. Das Problem: Es war ein Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz. Dieses Gesetz dient aber zum Schutz staatlicher Interessen gegen politische Einflussnahme. Insofern gibt es hier einen Grenzfall, den das Gesetz gar nicht im Auge hat. Wulff hat sich damals 2008 sogar seine politische Unabhängigkeit in Bankenfragen bewahrt – die schon wenige Wochen später Hilfen des Staates in Anspruch nehmen mussten!

Ich empfinde das Verhalten der „jagenden Journalistenzunft“ als menschenunwürdig, fachlich schlecht recherchiert und im Lichte staatsbürgerlicher Verantwortung der Journalisten als anstößig! Wir haben deshalb keine Bundespräsidentenkrise – sondern eine Einäugigkeitskrise des Journalismus und einer fragwürdigen „Kampagnen-Demokratie“. Michael Springer, taz.de

■ betr.: „Kein Wort zur Kreditaffäre“, taz vom 22. 12. 11

Die Weihnachtsansprache des Präsidenten ist traditionsgemäß eine normalerweise eher etwas betuliche Veranstaltung. Nun gut, der Präsidentent reflektiert so gut er eben kann über Krieg und Frieden sowie Glück und Unglück. Was mich an solchen Ansprachen sehr stört, ist, dass sie kommentiert werden, bevor sie gehalten worden sind. Es liegt leider in der Natur der Sache, dass die Ansprachen vorher aufgezeichnet werden. Das ist aber kein Grund, dass die Petzer vom Dienst schon alles ausplaudern. Weiterhin ist es immer wieder unschön zu hören und zu lesen, was alles in einer solchen Rede fehlt. Da wurde doch tatsächlich nichts zur gestreiften abessinischen Fleckkröte gesagt. Ein Skandal! Egal wie man zu Herrn Wulff steht und wie böse ihm Boulevardblätchen wie die taz wollen. Seine persöhnlichen Dinge hat er vielleicht vor einem Parlament zu verantworten aber in eine Weihnachtsansprache gehört das nicht. sigibold, taz.de

■ betr.: „Rücktrittsrufe hier, Schweigen da“, taz vom 19. 12. 11

Guttenberg, Wulff, da haben wir nun mal wieder zwei richtig zum Vorzeigen im Auftreten, Aussehen und einfach richtig volksbeeindruckende Typen, und da passieren ihnen solche Eseleien. Frau und Mann der Straße bedauern eher und würden wohl Nachsicht üben, eben schon wegen des netten Typs. Unsere Demokratie, das ist schon was Tolles. Mancher andere Politiker musste schon bei kleineren Vorteilsnahmen gehen.

Das ist dennoch das Schöne, werden die meisten denken und glauben, dass diese unsere Demokratie das alles aufdeckt und jeder an jedem Stammtisch diskutieren und urteilen darf. Moral und Ethik darf mit erhobenen Zeigefinger angemahnt werden, als seien das Werte, die geradezu zu einer Moneten- und Marktwirtschaft gehörig seien. Ist an der ganzen Sache nicht doch wieder reichlich viel Heuchelei drin? Gut, die Medien haben damit für Tage und Wochen beste Schlagzeilen. Ändert sich jedoch tatsächlich an der Politik etwas?

Ein Bundespräsident sei der Präsident aller Bürger, also selbst der Bürger am Rande. Hört sich immer gut an, und in vielen Sonntagsreden geben sich Bundespräsidenten oft auch als die Männer des Volkes. Frauen gab es ja noch nicht. Es ist eine Illusion in unserer Gesellschaft, die auch nach Verständnis von Christian Wulff seine großen Leistungsträger in jenen hat, die zu den Vermögendsten gehören, die Politikern eben auch Kredite und exklusive Urlaube gewähren, zu glauben, das sei „unser“ Präsident oder auch gewählter Politiker. ROLAND WINKLER, Remseck

■ betr.: „Union wünscht sich Weihnachtsfrieden“, taz.de v. 23. 12. 11

Ich wünsche mir solch ausgedehnte Diskussionen über die Armut in Deutschland und der Welt. Niemand sollte vergessen, dass sich Millionen Menschen in Deutschland nichts zu Weihnachten schenken können, dass sie sich die Nase an den Schaufenstern platt drücken und auch wird es sehr viele geben, die nur eine halb volle Margarinedose im Kühlschrank und altes Brot zu Hause haben.

Die deutschen Politiker mit Ausnahme von Piraten und Linken können sich meiner tiefsten Verachtung sicher sein. Darin besonders eingeschlossen sind Merkel, Kauder, Wulff, Altmayer, Martin Lindner, Westerwelle und, und, und …

Deutschland ist drittgrößter Waffenexporteur und exportiert Tod, Elend, Hunger, Armut in die Welt. Schämt euch, und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Westberliner, taz.de

■ betr.: „Union wünscht Weih-nachtsfrieden“, taz.de 23. 12. 11

Sicher wünscht sich die Union jetzt Ruhe. Aber die Zeit des Wünschens ist vorbei.

Erst brockt sie uns diesen Unfall ein, dann sollen wir dazu schweigen?

Schafft die CDU nun auch die Meinungsfreiheit ab?

Den Bundespräsidenten kann sie wieder zurücknehmen. Ist leider zu einer bitteren Lachnummer geworden. Das Amt beschädigen? Ja, besser hätte man das nicht hinbekommen können, als mit einer solch provinziellen Schmierenkomödie. ingosen09, taz.de

■ betr.: „Gehts noch?“, Pro + Contra, taz vom 22. 12. 11

Ja, Wulffs Äußerungen zum Islam und sein Inschutznehmen der MuslimInnen auf dem Höhepunkt der Sarrazin-Debatte waren gut und richtig. Und ja, seine Kungelei mit Maschmeier & Co. und der Genuss finanzieller und materieller Vorteile sind schwer mit den Erwartungen an das Bundespräsidentenamt zu vereinbaren. Warum kann man das nicht einfach benennen, ohne aus einer mutmaßlichen Korruptionsgeschichte heraus wieder den verdammten Clash of Cultures anzuheizen? Guido Hartmann, taz.de

■ betr.: „Neustart mit Tücken“, taz vom 22. 12. 11

Das ist doch lächerlich. Seit wann tut es ihm denn leid? Wann hat er gemerkt, dass nicht immer richtig ist, was recht ist? Wann wird er merken, dass Kredite zur Hälfte der marktüblichen Zinsen auch nicht recht sind? Wann wird er merken, dass an den Inhaber dieses Amtes Anforderungen gestellt werden, und zwar solche, denen er nicht mal im Ansatz gerecht wird?

Menschliche Schwächen könnte ich ihm nachsehen. Aber Größe zeigt sich im Umgang mit der Peinlichkeit. Wulff hat geleugnet, geklugscheißert, gekniffen und Anwälte vorgeschickt. Nach tagelangem Gegenwind der höchsten Kategorie unterbricht er das Aussitzen für belanglose Ausführungen. Wulff stellt sich damit charakterlich in eine Reihe mit Kohl und Guttenberg.

Lindner erledigt die FDP, Wulff schleift die Union. Soll mir recht sein, im Mai wählen die Nordlichter, und pünktlich kurz vor der Niedersachsenwahl in einem Jahr fällt dann der Staatsgerichtshof sein Urteil. Will er das im Amt erleben? Hauke Laging, taz.de

Nachdem der Wolf vor rund 150 Jahren in Deutschland und Mitteleuropa ausgerottet worden war, konnten inzwischen einige Tiere wieder angesiedelt werden. Und schon finden im Deutschen Forst Jagden auf ihn statt. Wölfe sind hier zwar streng geschützt, doch gelegentlich werden dennoch Hetzjagden auf exponierte Einzelgänger veranstaltet.

So neulich im Wendland. Der dort gesichtete Wolf konnte auf einer Gemeinschaftsjagd sehr geschickt Jägern, Treibern und Hunden ausweichen, berichtete ein Wolfsberater.

In Sachsen soll der Wolf nun ins Jagdgesetz aufgenommen werden. Dann müssen Jäger sich auch um seine Hege kümmern. Allerdings: „Um ein nicht mehr zu rettendes Tier zu erlösen oder zur Gefahrenabwehr dürfen Jäger und Polizisten schon jetzt schießen“, heißt es vom Potsdamer Umweltministerium.