Stadtluft soll sauberer werden

Ab 1. Januar will Hannover PKW-Abgasschleudern aus der Innenstadt drängen, auch in Bremen wird eine Umweltzone geplant. Jetzt kündigt sogar Hamburgs wahlkämpfender Bürgermeister die Entscheidung über ein City-Fahrverbot noch für Januar an

Sie schädigen beim Menschen Bronchien und Lungen, verursachen Halsschmerzen und Asthma: Unter Sonneneinstrahlung entwickeln sich Stickoxide (NOx) zu Ozon, das den so genannten Sommersmog verursacht. Zudem wandeln sich Stickoxide in Salpetersäure um und tragen zum Waldsterben bei. Für NO2 beträgt der Grenzwert für den Jahresdurchschnitt ab Januar 2010 40 μg/m[3]. Der Einstundenmittelwert darf 200 μg/m[3]nicht häufiger als 18 mal pro Jahr überschreiten. Außerdem ist eine Alarmschwelle festgelegt: Wird ein Wert von 400 μg/m[3]als Stundenmittelwert überschritten, ist von einer akuten Gesundheitsgefährdung auszugehen, die Sofort-Maßnahmen erfordert.  MAC

Von MARCO CARINI

Der Countdown läuft. Kurz vor dem Jahreswechsel schieben Mitarbeiter der Stadt Hannover Sonderschichten, um die letzten Vorbereitungen abzuschließen für die neue City-Umweltzone, in der rund 220.000 Menschen leben werden. Hinweisschilder müssen montiert, Ausnahmeanträge beschieden werden, damit die Landeshauptstadt planmäßig als erste norddeutsche Metropole pünktlich zum Jahresbeginn die erste Fahrverbotszone für automobile Abgasschleudern einrichten kann.

Ab Januar, so der Plan, dürfen nur noch PKWs mit einer roten (Euro 2), gelben (Euro 3) oder grünen (Euro 4) Abgas-Plakette, die hannoversche Innenstadt anfahren. Ab 2009 bleiben dann die roten, ab 2010 die gelben Plakettenträger außen vor. Mit diesem abgestuften Fahrverbot soll die Feinstaub-Belastung – aber auch der Ausstoß anderer Schadstoffe – drastisch vermindert werden.

Neben dem Feinstaub gehe es vor allem um die Senkung der Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2), sagt Dirk Schmidt, der als Bediensteter des Umweltfachbereichs in Hannover Maßnahmen zur Luftreinhaltung koordiniert. Wenn 2010 neue NO2-Grenzwerte in Kraft träten, müsse die Stadt vorbereitet sein.

Nach EU-Vorgaben wie auch der Bundes-Emissionsschutz-Verordnung darf dann eine Durchschnittsbelastung von 40 Mikrogramm (µg) Stickstoffdioxid NO2 pro Kubikmeter (m³) Luft nicht mehr überschritten werden. Die einzige Luftmeßstation der Stadt in der Göttinger Straße hingegen weist bislang einen Durchschnittswert von etwa 60µg/m³ aus. „Eine Vielzahl von Studien belegen, dass die Umweltzone die effektivste Maßnahme ist, um Feinstaub und Stickoxide in Ballungsräumen spürbar zu senken“, sagt Schmidt. Um rund 10 Prozent könne die Konzentration beider Gifte in der Umweltzone abgesenkt werden.

Der Widerstand ist allerdings groß: Der ADAC hat juristische Schritte angekündigt, örtliche Betriebe bangen um ihre Kundschaft. Die Proteste haben bereits zu einer Aufweichung der Kontrolle des Fahrverbots geführt. So sollen bei einem Verstoß gegen das Fahrverbot erst ab Mai ein Bußgeld von 40 Euro sowie ein Punkt in der Flensburger Kartei fällig werden. Zudem sind keine Zusatzkontrollen der Polizei geplant, und plakettenlose Fahrzeuge, die beim Parken in der Umweltzone erwischt werden, sollen keine Strafzettel bekommen. „Wir hoffen, dass die Autofahrer auch freiwillig die Regeln befolgen“, sagt Schmidt.

Ein weiteres Problem: In der neuen Umweltzone sind rund 15.000 Fahrzeuge registriert, die an den neuen Abgasnormen scheitern. Ihre Halter fallen unter eine Bagatellregelung, die es ihnen erlaubt, auf Antrag noch zwei Jahre lang in der Umweltzone zu verkehren. Allerdings wird ihnen die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt, denn private PKWs dürfen in diesem Gebiet nur noch 500 Kilometer pro Jahr zurücklegen. „Alles andere“, sagt Dirk Schmidt, „käme einer Enteignung gleich.“

Trotz dieser Einschränkungen darf sich die niedersächsische Landeshauptstadt rühmen, beim Thema Umweltzone den Vorreiter im Norden zu spielen. Im benachbarten Braunschweig etwa zog Oberbürgermeister Gerd Hoffmann (CDU) den Plan, auch hier schnellstmöglichst eine Umweltzone zu errichten, aufgrund der Proteste zahlreicher Verbände zurück. Auch in Osnabrück ist keine Umweltzone geplant. Oldenburg in Oldenburg derweil verfügt nicht einmal über eine Luftmessstation und könne daher, so Sprecherin Christiane Maaß, „auch keine Maßnahmen ergreifen“. In Bremen debattieren die rot-grünen Koalitionspartner immerhin darüber, ob sie zum Herbst eine Umweltzone einführen, wo die gelten soll und welche Ausnahmen erlaubt sein sollen.

Bewegung gibt es in dieser Sache möglicherweise auch in Hamburg. Bislang warb vor allem die Grün-Alternative Liste (GAL) für eine City-Umweltzone, stieß bei der allein regierenden CDU aber auf taube Ohren. Pünktlich zum Weihnachtsfest erklärte Bürgermeister Ole von Beust dann überraschend gegenüber dem NDR, er lasse prüfen, ob die Maßnahme nicht auch in Hamburg Sinn habe. Noch im Januar werde die Landesregierung „klare Kante“ zeigen und eine eindeutige Entscheidung treffen.