Start mit kleinen Fehlern

Der kleine Max saß schon mal bei Tina Turner auf dem Schoß: Aber Prominenz bildet nicht immer den besten Weg zu guter Rockmusik. Max Buskohl und seine Band Empty Trash versuchen es trotzdem

VON THOMAS WINKLER

Der Wetteinsatz war ein Sixpack Bier. Ob er sich trauen würde, mitzumachen beim Casting für „Deutschland sucht den Superstar“. Er traute sich. Er überstand die erste Auswahl, überstand die ersten Motto-Shows, überstand sogar weitgehend unbeschadet die Kommentare von Dieter Bohlen. Er hatte die Wette gewonnen.

Auf das Sixpack, das ihm die Schulkameradin versprochen hatte, aber wartet Max Buskohl trotzdem noch heute. Ist irgendwie in Vergessenheit geraten. Aber statt des Biers hat Buskohl jetzt immerhin ein Album draußen, einen Stein im Brett bei Stefan Raab und ein Gesicht, das im heimischen Charlottenburg auf der Straße erkannt wird. Allerdings auch „diesen Stempel“, dass er seine Prominenz einer Castingshow verdankt.

Etwas, was Buskohl, gerade mal 19 Jahre alt und immer noch wohnhaft bei seiner Mutter, durchaus umtreibt. Er sorgt sich schließlich darum, dass seine Band Empty Trash, die eben ihr erstes Album „Confession“ veröffentlicht hat, ihr Publikum finden möge. Denn die ehemalige Schülerband spielt einen flotten, sich deutlich an amerikanischen Vorbildern orientierenden Hardrock, der den in Castingshows vermittelten musikalischen Werten schon aus rockenrollender Selbstüberzeugung diametral gegenübersteht. Buskohl ist noch jung genug, an das rebellische Potenzial von Rockmusik zu glauben, und sein Ausflug zu DSDS war „einerseits vielleicht ein Fehler, weil die Leute nun über ihren Schatten springen müssen, um diese Platte zu kaufen. Andererseits gäbe es die Platte vielleicht gar nicht.“

Die Songs, die Buskohl alle für die Platte selbst geschrieben hat, handeln vorzugsweise von Mädchen und der Liebe zu ihnen. Tatsächlich unterscheidet Buskohl, ausgestattet mit Ring in der Unterlippe, Fransenfrisur und einem entwaffnend charmanten Lächeln, wenig von anderen Teenagern. Trotzdem aber hat er es geschafft, seinen Abgang aus der Unterhaltungssendung so spektakulär zu gestalten, dass es vereinbar bleibt mit seinem Idealbild vom Rocker. Denn Buskohl ließ sich nicht vom Publikum aus der Show wählen, sondern ging freiwillig und gilt nun, hat er festgestellt, der Öffentlichkeit als „der, der Dieter Bohlen gefickt hat“. Dabei war der Ausstieg, sagt er, nur „die einzige Möglichkeit“, die vielfältigen Optionen des dicken Standardvertrages mit dem TV-Sender RTL und der mit ihm kooperierenden Plattenfirma auszubremsen. Oder anders gesagt: Wäre Buskohl nicht vorzeitig gegangen, dann wäre er heute vielleicht gezwungen, Mark Medlock zu sein – an der Seite von Dieter Bohlen.

Dass RTL die Sache anders sah und über die freundschaftlich verbundene Bild-Zeitung ihre Version der Geschichte verbreiten ließ, nach der Buskohl gefeuert wurde, weil er anmaßende Forderungen gestellt habe, führte zu einiger medialer Aufregung, die zur weiteren Prominenz von Buskohl beitrug. Und den Ausstieg wirken ließ wie einen bewusst inszenierten, rebellischen Akt.

Buskohl selbst aber, sagt er, hätte gut darauf verzichten können: „Das war echt skurril. Ich war naiv. Und dann war ich die Sau, die durchs Dorf getrieben wurde.“ Auch Stefan Raab sprang auf den Zug auf und startete die Aktion „Freiheit für Max Buskohl“, als er den bei DSDS Ausgestiegenen aus Vertragsgründen nicht einladen durfte. Schließlich lancierte er gar den Sangeswettstreit SSDSDSSWEMUGABRTLAD (Stefan sucht den Superstar, der singen soll, was er möchte und gerne auch bei RTL auftreten darf) und engagierte für die Jury einen gewissen Karl Walter Ahlerich Buskohl. Der ist Max’ Vater, lebt schon lange von seiner Mutter getrennt in Dublin und spielte Jahrzehnte lang unter dem Künstlernamen Carl Carlton Gitarre für Udo Lindenberg, Mink Deville, Peter Maffay, Herman Brood. Wolfgang Niedecken oder Manfred Mann. Nun hat er das Album der Band seines Sohnes produziert.

Dank der väterlichen Verbindungen saß der kleine Max mal bei Tina Turner auf dem Schoß und machte mit Joe Cocker zusammen einen Ausflug zum Motorsport. Er hat anderthalb Jahre in Irland gelebt und heute als gerade eben Volljähriger schon einen recht abgeklärten Blick auf das Popgeschäft entwickelt. Er weiß, wie das Business funktioniert. Ihm ist klar, dass es heutzutage „immer schwerer wird, eine neue Band zu etablieren“ und dass Empty Trash bei diesem Unterfangen sein DSDS-Abenteuer geholfen hat. Er weiß aber auch, dass die Plattenfirma mit der Chart-Platzierung Platz 47, die die erste Single „Limited“ erreichte, nicht zufrieden ist: „Die haben sich, glaube ich, was anderes vorgestellt. Denen wurde wohl erst im Studio bewusst, dass wir Rock machen.“

Der kommerzielle Erfolg mag bislang noch bescheiden sein. Das erste Opfer hat er schon gefordert. Im November stieg Per Blut, der die Band 2005 zusammen mit Buskohl gegründet hatte, aus. Der Schlagzeuger „konnte die Ziele der Band nicht mehr verfolgen“, sagt der Sänger nun und gibt gerne zu, dass seine Band keine demokratisch organisierte ist. Buskohl hat auch als Einziger des Quintetts die Schule abgebrochen und setzt alles auf eine Karriere „irgendwie mit Musik“. Notfalls, sagt er, „hab ich ja Kontakte durch meinen Vater“. Notfalls kann er auch noch mal das Sechserpack Bier einklagen.

Empty Trash: „Confession“ (EMI)