LESERINNENBRIEFE
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Wer zahlt?

■ betr.: „Qualitätssiegel mit Risikofaktor“, taz vom 27. 12. 11

Bei einer Brustvergrößerungsoperation ohne medizinische Indikation handelt es sich um eine reine Schönheitsoperation, die keine GKV-Leistung ist. Daran ändert sich nichts, wenn der Operateur vermeintlich günstig eingekauft hat und einem Betrüger aufgesessen ist. Und daran ändert sich auch nichts, wenn das europäische Kennzeichnungsrecht für Implantate unzureichend ist. Ob man Mitgefühl für die betroffenen Patientinnen empfindet, ist für die Feststellung dieses Sachverhaltes unerheblich. Änderungen der diesbezüglichen Gesetzeslage einzufordern, ist sinnvoll und notwendig, aber keine Lösung des aktuellen Problems: „Wer zahlt?“ Diesem Problem kommt man nur näher, wenn man sich fragt, wer ein Interesse daran hat, dass der Markt Schönheitschirurgie lukrativ bleibt. Die Solidargemeinschaft ist das sicher nicht.

Somit sind es die Schönheitschirurgen, die ein Interesse daran haben müssen, dass der Rubel weiter rollt und der Markt Schönheitschirurgie nicht einbricht – und die im Falle der PIP-Implantate ihre Gewinnmarge durch den Einkauf von Billigimplantaten vergrößert haben. Ein kostenloser Austausch aller PIP-Implantate auch ohne nachgewiesene Risse oder Entzündungen ist von den Schönheitschirurgen anzubieten, ohne von den Patientinnen anteilige Zahlungen für Anästhesie oder Material zu verlangen. Als „Anteil“ der betroffenen Patientinnen ist bei weitem ausreichend, dass sie sich einer weiteren Operation unterziehen müssen und einer derartigen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt wurden. Nur dass die Schönheitschirurgen in Frankreich eine bessere Lobby mit einem größeren Einfluss auf die Politik haben als in Deutschland, sollte nicht Anlass sein, die bislang durchaus folgerichtige zurückhaltende Haltung eines Bundesgesundheitsministers bezüglich der Kostenübernahme durch die GKV zu kritisieren. Ich befürchte allerdings, dass der Gesundheitsminister noch „umfällt“. BIRGIT PABST

Selbst schuld?

■ betr.: „Qualitätssiegel mit Risikofaktor“, taz vom 27. 12. 11

Was soll dieses Riesen-Titten-Foto in Zusammenhang mit Implantaten? Das Foto suggeriert, dass die Frauen selber schuld sind, wenn sie sich Silikon in ihre Brüste implantieren lassen. Ihr haut damit genau in die Kerbe von Herrn Sbrzesny, der ja auch findet, dass keine Frau gezwungen wurde, sich ihren Busen vergrößern zu lassen. Niemandem steht es zu, über Frauen zu werten, die sich, egal aus welchen Gründen, zu diesem Schritt entschlossen haben. Es wird ihnen schlecht genug gehen. Sie brauchen dazu nicht auch noch Bilder von überdimensionierten Brüsten auf dem Weg in den OP.

KATJA MEHTE, Witzeeze

Doppelt unverschämt

■ betr.: „Implantat? Krebs? Geschenkt!“, taz vom 27. 12. 11

Unfassbar! Da haben wir uns doch neulich die Titten machen lassen, weil’s geil aussieht und wir das Geld übrig hatten. Und jetzt müssen wir feststellen, dass das gar nicht gesund war – Skandal! Heike Haarhoff mag ja recht haben, dass der Staat Implantate aller Art besser kontrollieren sollte, aber mit ihrem Ruf nach Kassenfinanzierung und ihrer Gleichsetzung von Brustprothesen mit Hüft- und Wirbelprothesen hat sie Frauen jede Verantwortung dafür abgesprochen, sich selbst aus freien Stücken erheblichen Gesundheitsrisiken auszusetzen. Das ist gleich doppelt unverschämt: 1. ist der aktuell entstandene Schaden ein Luxusleiden verglichen mit den Tausenden medizinisch notwendigen Eingriffen, die die Kassen hierzulande nicht zahlen; 2. werden in Haarhoffs sozialstaatlichem Überschwang Frauen als kleine schutzbedürftige Dummchen hingestellt. Das ist Frauenverachtung von links.

KATHRIN KELLER, STEFAN HIRSCHAUER, Mainz

Weihnachtsausgabe des Grauens

■ betr.: „Glanz oder gar nicht“, taz-Weihnachtsausgabe v. 24. 12. 11

Auf der Seite 1 wurde angekündigt: „22 Seiten Sonntaz – Hummer für alle, der beste Koch der Welt, böhmische Butler auf Sylt und Idar-Ober-Edelsteine“. Eine angemessene Zusammenfassung der eitelsten, nichtigsten, langweiligsten und einschläferndsten taz-Ausgaben seit langem. Ich brauchte ungefähr zwei Minuten, um die 22 Seiten Ödnis zu durchschreiten. Tut mir leid, ich interessiere mich weder für Edelsteine noch für die Butler der Reichen noch dafür, wie Jan Feddersen der in Stachelbeersirup panierte Ochsenschwanz beim angeblich besten Koch der Welt geschmeckt hat. Was glaubt ihr eigentlich, wie die taz-Leser leben? Schlimm genug, dass Redakteure sich hochfantasieren, als Maden im Speck der Millionäre leben zu dürfen; aber dass ihr diese perversen Anwandlungen auch noch uns hilflosen Lesern als Zuckerergüsschen serviert, das schlägt dem Champagnerfass den Boden aus. Nosfertazu oder die Weihnachtsausgabe des Grauens. Glanz? Gar nicht!

Wäre das ein einmaliger Ausrutscher, ich würde ja ein Auge zudrücken. Aber leider ist es nur der Gipfel der Frechheit einer Sonntaz-Redaktion, die von Wochenende zu Wochenende ödere Lifestyle-Berichterstattung abliefert und damit eigentlich nur eins dokumentiert: ihren heimlichen Neid auf die Welt der Schönen und Reichen. Zu allem Überfluss dokumentiert in Kolumnen, die sich in Langeweile und Biedertracht überbieten. Einer schreibt über rosa Popel, die er aus seinem Bauchnabel herausgepopelt hat, und die Nächste macht sich Gedanken, ob man die Popel neonlila einfärben könnte oder ob das gesundheitsschädlich sei. Schade um die für das Papier erwürgten Bäume. PETER MEYER, Berlin