UMWELTMINISTER GABRIEL IST OMNIPRÄSENT UND BEWIRKT DOCH WENIG
: Glaubwürdig grün werden

Noch nie waren die Zeiten besser für einen Umweltminister, der das Klima retten, Fische schonen oder das Land entstauben möchte. Sigmar Gabriel könnte richtig klotzen, sich für sein Ressort im Kabinett starkmachen und an öffentlichem Einfluss gewinnen. Ökobewegte sind längst nicht mehr als notorische Quengler und Jobkiller verschrien. Nur: Er nutzt diese Chance nicht. Umweltschützer haben also recht, wenn sie das am Jahresende beklagen.

Denn leider sieht es nur auf den ersten Blick so aus, als sei Sigmar Gabriel ein starker Umweltminister. Zwar sind er und seine Themen in der Öffentlichkeit sehr präsent, er ist ein Meister der Kampagne. Doch er schlampt beim Handwerk. Bestes Beispiel sind Rußpartikel, die krank machen: Gabriels Ministerium verschwieg über Monate Hinweise, dass die Filter, die Tausende in ihre alte Diesel einbauen ließen, nicht wirken. Um die Autobesitzer nicht zu verunsichern, hat Gabriel sich unglaubwürdig gemacht. Die Panne bestätigt nur diejenigen, die Umweltschutz schon immer für Augenwischerei gehalten haben. Ein weiteres Beispiel: das größte Massensterben von Arten seit dem Tod der Dinosaurier. Gabriel sagt, das Thema sei sehr wichtig. Kein Wunder: Im Mai ist er Gastgeber der UN-Konferenz für die biologische Vielfalt in Bonn. Er bezahlt bereits PR-Leute, die Slogans entwerfen und Plakate aufhängen. Nur hat bislang kaum jemand etwas von der kostspieligen Werbeoffensive für geplagte Pflanzen und Tiere gesehen. Ernsthafter Artenschutz sieht anders aus.

Und zuguterletzt der Emissionshandel, eines der wichtigsten Instrumente für den Klimaschutz: Der Sozialdemokrat Gabriel kassierte eine Rüge aus Brüssel, weil er der deutschen Industrie nicht schaden und ihr über Gebühr Verschmutzungsrechte zuschachern wollte. Es ist verständlich, wenn der Wirtschaftsminister die Interessen der Konzerne vertritt. Der Job des Umweltministers ist das nicht, er handelt als Unternehmenslobbyist verantwortungslos. Sigmar Gabriel darf sich für 2008 endlich eins vornehmen: glaubwürdig grün werden. HANNA GERSMANN