Angela Merkel trickst

2007 redet die Regierung viel über Klima. Aber was hat es gebracht? Umweltschützer urteilen vernichtend

BERLIN taz ■ Im Jahr 2007 haben alle über das Klima geredet. Angela Merkel hat sich wie kein deutscher Regierungschef zuvor für die Ökologie ausgesprochen. Die CDU-Kanzlerin hat Sätze gesagt wie: Der Kampf gegen die Erderwärmung sei die „wichtigste Herausforderung für die Menschheit“. Die Zukunft dürfe man nicht „verbrauchen“. Nachhaltigkeit sei „Chefsache“. Allein: Merkel und ihre Truppe handelten nicht entsprechend. Am Donnerstag zogen Umweltschützer eine vernichtende Bilanz.

Die deutsche Umwelthilfe meint, die Bundesregierung habe „grandios versagt“, als sie „abstrakte Klimaschutzziele und konkretes Handeln zur Deckung zu bringen“ versuchte. Der Deutsche Naturschutzring beklagt, dass die „Kanzlerin nicht willens ist, ein gesetzliches Tempolimit zu schaffen“. Und der Bund für Umwelt und Naturschutz urteilt, die Regierung gebe „dem massiven Druck der Energiekonzerne und der Automobil- und Luftfahrtindustrie nach“.

Fachleute sind sich einig, dass die Menschen den Planeten durch Abgase aus Autos, Fabriken und Häusern aufheizen. Experten der Vereinten Nationen räumten mit ihrem mehrteiligen Weltklimareport 2007 letzte Zweifel aus. Und der frühere Chefökonom der Weltbank, Nicholas Stern, rechnete vor, dass es billiger ist, gegen den Klimawandel zu kämpfen, als mit den Auswirkungen leben zu müssen. Merkel, einst Umweltministerin, gab sich fortan als Klimaengel.

Etwa im Juni in Heiligendamm, als sich die Staatschefs der reichen Industrienationen trafen. Nach langen Debatten, vor allem mit US-Präsident George W. Bush, handelte Merkel doch noch eine Klimaeinigung aus – in der konkrete Ziele allerdings fehlten. Auf dem Weltklimagipfel in Bali zeigte sich Deutschland konstruktiv. Und zu Hause verabschiedete die Bundesregierung ein Klimapaket, mit dem Hausbesitzern, Autofahrern und Unternehmern neue Vorschriften gemacht werden. Umweltschützer halten es jedoch für eine Mogelpackung.

BUND-Chef Hubertus Weiger: Der Regierung fehlt „der Mut, über ihren Schatten zu springen“. So beschloss die SPD auf ihrem Hamburger Parteitag ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Für Berlin steht das nicht zur Debatte. „Nicht mal der Bundesumweltminister treibt es im Kabinett voran“, moniert Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch. Mit Sigmar Gabriel leitet ein SPD-Mitglied das Umweltressort. Auch als die EU-Kommission einen strikten CO2-Grenzwert für Autos plante, winkte die Regierung ab. HANNA GERSMANN

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