Bahn: Preisanstieg im Nahverkehr

Nach der Kürzung der Regionalisierungsmittel fürchten Experten höhere Ticketpreise im Nahverkehr. EU leitet Beihilfeverfahren wegen Verkehrsvertrag mit der Bahn ein

BERLIN taz ■ Passagiere im öffentlichen Personennahverkehr müssen sich im nächsten Jahr auf steigende Fahrpreise einstellen. Grund sind die sinkenden Bundeszuschüsse für den Nahverkehr. Eine Reihe von Verkehrsunternehmen werde die Tarife anheben, um seine Leistungen weiter anbieten zu können, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Adolf Müller-Hellmann. Bei den Tarifverhandlungen zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn war am Donnerstag noch keine Einigung in Sicht.

Die Kürzung der Nahverkehrsmittel kritisiert auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr, deren Mitgliedsunternehmen Verkehrsleistungen bestellen. Das Niveau sei zu niedrig, „um das aktuelle Fahrplanangebot aufrechtzuerhalten“, so die Arbeitsgemeinschaft. „In vielen Regionen müssen zudem die Fahrpreise weiter erhöht werden.“ Gegenüber den ursprünglichen Mitteln fehlten 2008 rund 700 Millionen Euro für den Nahverkehr. Insgesamt würden die Mittel um zehn Prozent gekürzt.

Den Regionalverkehr in Deutschland nimmt nun auch die EU-Kommission verschärft ins Visier. Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat die Kommission nun ein Beihilfeverfahren wegen der Vergabe eines Verkehrsvertrages an die Deutsche Bahn AG eingeleitet. Im Oktober hatte die Europäische Kommission bereits ein entsprechendes Prüfverfahren auf den Weg gebracht. Sollte die EU unerlaubte Subventionen erkennen, drohen der Bahn Rückzahlungsforderungen in dreistelliger Millionenhöhe.

Konkret geht es um einen 10 Jahre laufenden Verkehrsvertrag, den die Bundesländer Berlin und Brandenburg 2002 mit der Bahn geschlossen haben. Die EU-Kommission in Brüssel vermutet, dass die Bahn für den Betrieb von Strecken in der Hauptstadtregion mehr Ausgleichszahlungen erhält, als nach dem EU-Beihilferecht zulässig wäre. Über eine solche Überkompensation habe sich ein Wettbewerber beschwert, so die EU.

Die Kommission sieht Hinweise auf eine mögliche Überkompensation, weil die Deutsche Bahn Ausgleichszahlungen auf Grundlage eines festen Kilometersatzes bekommt. Dabei würden aber die Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf nicht berücksichtigt. Und die Zahlungen würden auch nicht angepasst, wenn die Bahn ihre Preise erhöhe. Laut FAZ bemängelt die EU in einem vertraulichen Papier zudem, dass einige Umstände nahelegten, die Deutsche Bahn AG habe bei den Verhandlungen mit den beiden Bundesländern durch „Querangebote“ versucht, vertragsfremde Aspekte ins Spiel zu bringen – etwa den Erhalt von Arbeitsplätzen in Instandhaltungswerken oder die Sanierung und den Neubau von Bahnhöfen.

Der Berliner Senat reagierte am Donnerstag gelassen auf die Vorwürfe. Man habe längst eine Stellungnahme abgegeben, so eine Sprecherin der Senatsverkehrsverwaltung zur taz. „Wir haben einen rechtsgültigen Vertrag abgeschlossen.“ ROT