In Aden wird jetzt das Trinkwasser knapp

JEMEN Die Kriegshandlungen und die Bürokratie behindern dringend notwendige Hilfslieferungen. Die Angriffe der Koalition und die Kämpfe gehen unvermindert weiter. Die Hafenstadt im Süden des Landes wird jetzt auch von See aus beschossen

BERLIN/ADEN taz/afp | Die Russin Gulnara Tama hat bis zum Wochenende in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa gelebt. Am Montag landete sie in Moskau, nachdem sie sich evakuieren ließ. Angesichts der saudischen Luftangriffe hatte sie Angst um ihre Kinder. „Das Schlimmste ist, dass du nicht weißt, was die Zukunft für deine Kinder bereithält, weil sie keinen Unterricht haben. Sie sitzen zu Hause fest und haben Angst“, sagte sie dem russischen Sender Russia Today. „Die ganze Stadt bebte von allen Seiten. Da habe ich mich entschieden, zu gehen.“

Die Ukrainerin Irania Aldahri, die aus der Region Dnipropetrowsk im Osten des Landes stammt, sah sich ebenfalls gezwungen, nach dreißig Jahren den Jemen zu verlassen. „Die Luftangriffe waren sehr beängstigend und deshalb beschlossen mein Sohn und ich, zu gehen“, berichtet sie gegenüber dem Sender. „Seit zwölf Tagen (dem Beginn der saudischen Luftangriffe, d. Red.) verschlechterte sich die Lage schnell – tägliche Bombardierungen, niemand arbeitete mehr. Wir saßen zu Hause und hatten Angst, nach draußen zu gehen.“

Seit dem 26. März fliegen Saudi-Arabien und verbündete arabische Staaten Luftangriffe gegen die schiitischen Huthi-Rebellen, um Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi zu stützen, und greifen damit in einen in erster Linie inneren Konflikt ein. Doch nur wenige, vor allem ausländische Staatsbürger, haben die Möglichkeit, sich evakuieren zu lassen. Bei Kämpfen und Angriffen im Südjemen wurden seit Sonntag mindestens 159 Personen getötet, allein in Aden im Südjemen gab es 63 Tote.

Die Bombardierungen und Kämpfe behindern auch die Arbeit von Hilfsorganisationen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sprach von „logistischen Problemen“ bei der Lieferung von Hilfsgütern für die notleidende Bevölkerung. Es gebe zwar die erforderlichen Genehmigungen für Hilfslieferungen nach Sanaa, doch hätten Flugzeuge zunehmend Probleme, auf dem dortigen Flughafen zu landen. Am Dienstagnachmittag kam das erste IKRK-Flugzeug in Sanaa an.

Ein Schiff mit Hilfslieferungen lag am Dienstag noch vor Dschibuti fest, weil es keine Einfuhrerlaubnis in den Hafen erhielt. Das IKRK hatte am Samstag eine 24-stündige Kampfpause für Hilfslieferungen gefordert. Besonders dramatisch scheint die Lage in der südjemenitischen Hafenstadt Aden zu sein. Präsident Hadi hatte sich nach seinem Sturz dorthin zurückgezogen; mittlerweile hält er sich in Saudi-Arabien auf. Ungeachtet der Luftangriffe der arabischen Koalition rücken die Huthis weiter in Richtung Aden vor, aber auch in der Stadt selbst gibt es heftige Gefechte zwischen Anhängern Hadis und Huthi-Milizionären. Neben Luftangriffen auf mutmaßliche Stellungen der Huthis wird die Stadt auch von See her beschossen; solcher Beschuss ist in der Regel sehr ungezielt.

Nach Angaben des UN-Büros für die Koordination humanitärer Maßnahmen (Ocha) ist in Aden die Sicherstellung der Wasserversorgung prioritär. Mangel an Treibstoff bedroht die Netzwerke, die Vorräte der lokalen Wasser- und Sanitärbehörde werden in wenigen Tagen aufgebraucht sei, hieß es in einer vom 6. April datierten Erklärung. Die Hauptwasserleitung zwischen zwei zentralen Stadtvierteln wurde durch Beschuss beschädigt. Die Behörden bemühen sich, die Schäden zu beheben, müssen aber jederzeit mit neuem Beschuss rechnen. Zwar wurde laut Ocha eine Notfalllieferung von 35.000 Litern zur Verfügung gestellt, aber die Behörde braucht monatlich 400.000 Liter für eine sichere Versorgung.

Auch am Dienstag setzte das saudisch-geführte Militärbündnis ungeachtet internationaler Forderungen nach einer Waffenruhe die Luftangriffe fort. Kampfjets bombardierten einen Militärstützpunkt im Landesinneren, der unter Kontrolle der Huthi-Miliz ist. Fünf Bomben seien über dem Camp nahe der Stadt Ibb, 160 Kilometer südlich von Sanaa, abgeworfen worden, hieß es in Militärkreisen. Ziel seien vermutlich Flugabwehrstellungen und Truppenunterkünfte gewesen.

Medienberichten zufolge wurden auch mindestens zwei Schüler einer Schule getötet. Die Kampfjets nahmen Militärkreisen zufolge auch Waffenlager der Huthis nahe Sanaa und weiter nördlich in Sanhan sowie Militärstellungen an der Küste des Roten Meeres nahe der Hafenstadt Hodaida ins Visier. B.S.