sonntag in bremen
: „Ich habe mich als neuer Direktor sehr weit aus dem Fenster gelehnt“

Im Neuen Museum Weserburg sind zum letzten Mal Jörg Immendorffs Werke zu sehen

taz: Herr Ahrens, Sonntag ist der letzte Tag der Ausstellung „Weiter glühen“ von Jörg Immendorff. Wie viele BesucherInnen werden es am Ende gewesen sein?

Carsten Ahrens, Weserburg-Direktor: In diesem Jahr werden rund 40.000 Besucher die Weserburg besucht haben, und von ihnen ist der Löwenanteil der Immendorff-Ausstellung zuzurechnen.

Die Ausstellung wurde alles in allem zweimal verlängert. Warum?

Aufgrund des nicht nachlassenden Besucherinteresses haben wir die Ausstellung mehrmals verlängert. Und auch in diesen Tagen, nach nunmehr über fünf Monaten Laufzeit steht das Telefon nicht still und insbesondere die Nachfrage nach Führungen, die wir in der gesamten Ausstellungszeit mit vier Wochenendterminen erweitert haben, lässt nicht nach. Wir konnten die Ausstellung auch deshalb verlängern, weil alle Werke Immendorffs, die wir zeigen, aus zwei Bremer Sammlungen stammen und die beiden Sammler unserem Wunsch nach Verlängerung nicht nur in generöser Weise entsprochen haben, sondern uns noch weitere Immendorff-Werke zur Verfügung stellten, die die Ausstellung noch einmal bereichert und das Bild des Malers Immendorff gerade in der Phase der 80er Jahre noch einmal entscheidend abgerundet haben.

Gab es keine anderen Ausstellungspläne für diese Zeit?

Die für den Herbstzeitraum vorgesehenen Ausstellungen, insbesondere die Ausstellung von Frank Gerritz, haben wir in das Jahr 2008 verschoben. Ich bin dem Künstler und seinen Sammlern sehr dankbar, dass sie unserer Bitte um Verschiebung eines lange feststehenden Datums entsprochen haben, was durchaus zu logistischen Problemen geführt hat. Die Gerritz-Ausstellung wird nunmehr am 27. Januar 2008 eröffnet.

In diesem Jahr kamen deutlich mehr Menschen in die Weserburg als die stets publizierten gut 25.000 BesucherInnen im Jahr 2006. Aber für die angestrebte Verdoppelung hat es dennoch nicht gereicht. Warum?

Ich habe mich als neuer Direktor mit der Losung, dass wir die Besucherzahlen in Kürze verdoppeln werden, sehr weit aus dem Fenster gelehnt. Bedenken Sie, dass unter meinem Fenster die Weser fließt, und mir war immer bewusst, dass man beim Nichterreichen dieses Ziels auch nass werden kann. Aber mir ging es vor allem darum, mit dieser Zahl deutlich zu machen, dass sich die Weserburg in Zukunft in stärkerem Maße als bislang dem Publikum zuwenden will und sich gegenüber breiteren Bevölkerungsschichten zu öffnen bereit ist. Auf diesem Weg sind wir in diesem Jahr einen bedeutenden Schritt weitergekommen und auf dem Fundament des Jahres 2007 werden wir im Jahr 2008 die angekündigte Verdoppelung der Besucherzahlen schließlich erreichen, dessen bin ich sehr sicher. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass die Weserburg dann ein Niveau hinsichtlich der Besucherzahlen erreicht hat, dass sich im Segment der Museen für Kunst der Gegenwart wahrlich sehen lassen kann.

Was ist die persönliche Konsequenz aus dem nicht erreichten Ziel?

Die Konsequenz aus den Erfolgen und Erfahrungen des Jahres 2007 kann nur sein, den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen. Das bedeutet in 2008 vor allem, Ausstellungen zu produzieren, die die Menschen erreichen und unsere Anstrengungen auf dem Feld der Kunstvermittlung, insbesondere was die Arbeit mit jungen Menschen angeht, weiter zu intensivieren. Die Weserburg versteht sich gerade hier auch als Schule der Toleranz, das heißt bei uns kann man den Umgang mit dem vermeintlich Fremden, dem zunächst unverständlichen Anderen, in spielerischer Weise lernen. Diesen spielerischen Lernprozessen fühlen wir uns verpflichtet, und hier sehen wir eine unserer zentralen gesellschaftspolitischen Aufgaben der Zukunft.

Gehen Sie davon aus, dass die Weserburg fürs erste gerettet ist?

Die Weserburg ist auf dem Weg mit ihrer Arbeit größeren Erfolg zu haben. Ich gehe nicht davon aus, dass die Stadt Bremen diesen Prozess stoppen will.

Welche Ausstellung(en) sollen im kommenden Jahr noch mehr BesucherInnen anziehen als jetzt Jörg Immendorff?

Wir planen eine umfassende Ausstellung mit Werken aus der Sammlung Goetz, einer der international bedeutendsten Sammlungen zeitgenössischer Kunst, aus deren reichen Beständen wir herausragende Beispiele der Media- und Video-Kunst zeigen werden. Diese Ausstellung wollen wir im März eröffnen. Ab Juni wollen wir dem Werk von Helmut Newton, einem der großen Fotografen des 20. Jahrhunderts, eine große Ausstellung widmen. Daneben gibt es eine breite Palette unterschiedlicher kleinerer Ausstellungen. Wir hoffen, mit dem Programm des kommenden Jahres unser Publikum erneut zu erreichen und die Weserburg als Zentrum der Auseinandersetzung mit der Kultur unserer Zeit noch stärker zu positionieren.

Fragen: Jan Zier