„Diese  unerträgliche  Heuchelei“

RÜCKBLICK Im Juli tötete der Norweger Anders Behring Breivik 77 Menschen. Nur fünf Monate später wurde bekannt, dass rechtsextreme Terroristen hierzulande unbehelligt zehn Menschen ermorden konnten. Politiker haben viel dazu gesagt, Medien viel dazu geschrieben. Zeit für ein paar Worte von Menschen, die mit diesen Taten gemeint waren – in aller Kürze

PROTOKOLLE CIGDEM AKYOL

Melih Kesmen, 36, Designer aus Witten:2011 hat wieder nur eins bewiesen: Terrorismus ist nicht religionsgebunden und trifft immer Unschuldige. Wir müssen alle enger zusammenrücken, die Gemeinsamkeiten betonen. Nur so können wir uns vorbehaltlos bei Kaffee und Baklava unterhalten.Emine Oguz, 33, Juristin aus Bielefeld:Über Deutschland liegt derzeit ein aus Oslo kommender brauner Nebel. Auch die deutschen Sicherheitsbehörden tappen in diesem Nebel herum. Wegen der geringen Sichtweite jongliert man mit Wortkonstrukten wie „islamischer Terrorismus“.Arif Ünal, 58, grüner NRW-Landtagsabgeordneter aus Köln:Muslime müssen täglich erleben, dass sie unerwünscht sind, ferner, dass sie als potenzielle Terroristen oder Attentäter gelten. Sie selbst sehen sich aber als äußerst friedlich an. Mit diesem Widerspruch können sie nicht umgehen.Yonca Erdogan, 18, Abiturientin aus Berlin:Die Liste mit den Bezeichnungen für uns ist lang, es macht mich traurig. Ich möchte keine Migrantin sein, sondern einfach Mensch. Sollten die folgenden Jahre ebenso trist wie 2011 bleiben, kann ich nicht garantieren, dass Deutschland auch meine Wahlheimat bleibt.Sema Poyraz, 61, Schauspielerin aus Berlin:Ich habe die Taten in Norwegen und in Deutschland vorausgeahnt. Die Heuchelei von Vielen in diesem - auch meinem Land - vor allem der Politiker ertrage ich nicht mehr, wieso war man nach Solingen, Mölln und Hoyerswerda nicht gewappnet?