Rückspiegel

1968 war ich ein 4-jähriger Bauernsteppke in der fränkischen Provinz und als Hoferbe vorgesehen.

Der einzige Satz, an den ich mich erinnere, kam erst etwas später, wie ja auch der Wald- und Wiesen-’68er-Wandel in der Provinz etwas später hereinbrach, aber egal: „Den Dutschke und den Teufel, den hätten sie gleich erschießen sollen!“, so meine Mutter, wenn das Gespräch auf „die heutige Jugend“ kam. Dass meine Mutter damals erst um die 30 war, ist schon schwer zu glauben, aus heutiger Sicht.

Provozierendstes Symbol und Trennzeichen zwischen den Alten und Zwanzigjährigen, aber auch der JU-Fraktion und den andern Jungen: die langen Haare. Sobald die Haare über die Ohren zu wuchern begannen, wurden wir zwangsgeschoren. Und zwar von einem Haareschneider, der auch Hausbesuche machte. Sein Handwerk hatte er noch bei der Wehrmacht gelernt.

Unser kindlicher, unreflektierter, aber dennoch lautstarker Protest – wir wollten lange Haare schlicht, weil die hippen Älteren sie hatten – wurde niedergebügelt mit den Worten meines Vaters: „Du siehst doch aus wie ein Beatle!“ Rainer Metzger, stellvertretender taz-Chefredakteur, Jahrgang 1964