Vater gegen Tochter Le Pen: Jetzt kommt der Bruch

FRANKREICH Der Front National hält seinen Gründer nicht mehr aus. Er redet immer mehr Unsinn

AUS PARIS RUDOLF BALMER

Ein Familienstreit beim rechtsextremen französischen Front National (FN) wird zur Parteikrise. Grund dafür sind neue Provokationen des Parteigründers Jean-Marie Le Pen. Er verteidigt in einem Vermächtnis-Interview eine knallharte rechtsextreme Linie. Seine Tochter Marine, die Parteichefin, hat nun beschlossen, dass ihr Vater bei den Regionalwahlen im Dezember nicht mehr als FN-Spitzenkandidat an der Côte d’Azur antreten darf. Voraussichtlich nächste Woche soll die Disziplinarkommission des FN über einen eventuellen Ausschluss debattieren.

Schon vorige Woche hatte Jean-Marie Le Pen im Fernsehen zum wiederholten Mal die Gaskammern und die Judenvernichtung als „Detail“ der Geschichte des Zweiten Weltkriegs bezeichnet. Im rechtslastigen Blatt Rivarol, das den FN-Gründer als „letzten freien Mann“ hochjubelt, geht er jetzt noch weiter und will den Chef des faschistischen Kollaborationsregimes von 1940 bis 1944, Marschall René Pétain, rehabilitieren. Er habe Pétain „nie als Verräter betrachtet“ und dessen Fans nie als „schlechte Franzosen“ eingestuft, betont Le Pen und bestätigt damit den Graben, der den FN bisher von der gaullistischen Rechten trennte und den die Partei heutzutage zu überwinden versucht.

Mit sicherem Instinkt zweifelt Jean-Marie Le Pen in dem Interview am Patriotismus des heutigen Premierministers Manuel Valls, der als Katalane auf die Welt gekommen ist: „Valls ist Franzose seit dreißig Jahren, ich aber bin Franzose seit tausend Jahren. Wie echt ist für Valls seine Bindung an Frankreich? Hat sich dieser Immigrant grundlegend gewandelt?“ Einmal mehr attackiert er auch den Einfluss von Homosexuellen im FN – dazu gehören Vertraute seiner Tochter.

FN-Vizepräsident Florian Philippot hat genug: „Der politische Bruch mit Jean-Marie Le Pen ist dieses Mal total und definitiv.“ Es werde Konsequenzen geben. Marine Le Pen ist „zutiefst traurig“. Ihr Vater sei in eine „Spirale der Strategie der verbrannten Erde und des politischen Suizids“ geraten. Auch sie kommt nicht um eine Distanzierung herum: „Der Titel des Ehrenpräsidenten berechtigt ihn nicht, den Front National als Geisel zu nehmen und sich so grobe Provokationen zu leisten, deren Ziel es sein muss, mir und der Partei zu schaden.“