Schneller Brüter in Malville leckt wieder

■ Erhöhter Natriumaustritt bei endlosen Reparaturarbeiten des Kühlmittelbehälters deutet auf Vergrößerung des alten Lecks oder neue undichte Stelle hin / Reaktor seit Mai abgeschaltet / Betreiber deuten Wiederinbetriebnahme im Herbst ohne Kühlmittelbehälter an

Aus Paris Georg Blume

Der Zwischenkühlbehälter des ersten industriell angelegten westeuropäischen Schnellbrüters „Superphenix“ in Malville bei Lyon leckt wieder. Seit Donnerstag treten nach Angaben der Kraftwerksleitung täglich erneut 840 Liter Natriumkühlmittel aus dem Behälter aus, der seit Ende März beschädigt ist. Wie üblich wurde die Nachricht von einer Stellungnahme des seit Juni neuen Kraft werkschefs Pierre Schmidt begleitet, nach der die Entwicklung der Dinge unter regelmäßiger Kontrolle stehe und eine Gefährdung der Umwelt weiterhin ausgeschlossen sei. Inzwischen sorgt sich auch der französische Premierminister Jacques Chirac. Er erklärte am Sonntag, daß er sich „ständig“ über die Lage in Malville informiere. Zum Austritt des Natriums kam es jetzt erneut, weil man die im Kühlmittelbehälter befindlichen radioaktiven Brennstoffelemente in den Reaktorkern überführen will. Für diesen Vorgang, der einen Monat dauern soll, mußte die Funktionstemperatur des Natriums wiederhergestellt werden. Bisher waren die Temperaturen herabgesetzt, um das Natrium zu gelieren und damit den Austritt zu verhindern. Handelte es sich im April noch um täglich ca. 500 Liter Kühlmittel, die in die Sicherheitshülle des Behälters entwichen, so ist heute von 840 l pro Tag die Rede. Das Leck muß sich erweitert haben, wenn nicht sogar ein Zweites hinzugekommen ist. Zu dieser Frage wollte sich die Kraftwerksleitung am Montag nicht äußern. Die Überführung der Brennstoffelemente in den Reaktorkern ist vorgesehen, da der Kühlmittelbehälter für die Reparaturarbeiten bzw. eine Auswechselung leergepumpt werden muß, die Lagereinrichtungen für radioaktive Teile in Malville jedoch erst 1988 fertiggestellt sein sollen. Obwohl die Kraftwerksleitung die Dauer der Reparaturarbeiten am Kühlmittelbehälter inzwischen auf zwei bis drei Jahre schätzt, überlegt man derzeit, den seit 26.5. stillgelegten Reaktor im Herbst wieder in Betrieb zu nehmen. Zwar ist ein Wechsel der Brennstäbe ohne den Kühlmittelbehälter nicht möglich, doch kann der zur Zeit installierte erste Brennstabsatz noch zwei Jahre auf halber Kraft funktionieren. Eine Genehmigung für die Wiederinbetriebnahme müßte das Industrieministerium erteilen. Die sozialistisch–orientierte Gewerkschaft CFDT hat dieses Vorhaben heftig kritisiert, da man bei einem neuerlichen Unfall im Reaktor den Kühlmittelbehälter brauche.