Bayern schiebt schwangere Türkin ab

■ Trotz einer noch nicht entschiedenen Petition haben bayerische Behörden unter Anwendung „polizeilichen Zwangs“ eine Türkin abgeschoben, die im sechsten Monat schwanger ist

Nürnberg (taz) - Die im sechsten Monat schwangere Türkin Nazife Deveci ist unter Anwendung von Zwang von den bayerischen Behörden abgeschoben worden, obwohl über eine Petition zugunsten ihres Verbleibs in Bayern im Landtag noch nicht entschieden worden ist. Am Mittwoch letzter Woche erschienen in der Amberger Schlachthausstraße gegen fünf Uhr morgens zwei Beamte, die vom Ausländeramt geschickt wurden. Frau Deveci wurde von den Polizisten im Auto an die Grenze zu Österreich gebracht, wo sie von den dortigen Behörden in den Zug nach Istanbul gesetzt wurde. Der jungen Frau wurde lediglich die Gelegenheit gegeben, ein Umstandskleid und einen Pullover anzuziehen, bevor sie unter Anwendung „polizeilichen Zwangs“ auf das Revier gefahren wurde. Dort erfuhr Frau Deveci erstmals von ihrer bevorstehenden Abschiebung. Als sie sich daraufhin wehrte, wurde sie wiederum unter Zwang ins Fahrzeug gesetzt und an die Grenze gefahren. Die Bemühungen ihres Ehemannes, ihr noch Geld und Ersatzkleidung mitzugeben, wurden von den Beamten vereitelt. Frau Deveci war Anfang des Jahres mit einem Besuchervisum nach Amberg gekommen, um ihren Ehemann zu besuchen, der seit August 1973 in der Bundesrepublik lebt. Als sie schwanger wird, stellt sie im Rahmen der Familienzusammenführung einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis, der jedoch von der Ausländerbehörde abgelehnt wird. Auch ein Eilverfahren beim Verwaltungsgericht in Regensburg entscheidet gegen die türkische Familie. Zuletzt reicht Frau Deveci beim bayerischen Landtag eine Petition ein mit der Bitte, ihr den Aufenthalt wenigstens bis zur Geburt ihres Kindes zu gestatten. Der Petitionsausschuß des Landtages hatte noch nicht entschieden, während sich die Behörden mit einer „Täuschung“ die Abschiebung erleichterten. Nach Auskunft der Rechtsanwaltskanzlei Becker, Ophoff und Lehner, die die Devecis vertritt, erschienen am Vortag der Abschiebung gegen Abend zwei Beamte an der Wohnungstür der Eheleute und teilten mit, „Frau Deveci müsse sich einer amtsärtzlichen Untersuchung unterziehen“ und werde am nächsten Morgen abgeholt - von Abschiebung war keine Rede. Wolfgang Gast