Parteiausschluß in Kosovo

■ Führender Politiker der jugoslawischen Privinz Kosovo aus Partei und Regierungsrat ausgeschlossen / Kollaboration mit Faschisten im 2. Weltkrieg nachgesagt

Von H. Hofwiler

Belgrad (taz) - Vor einem Monat erst hatte der jugoslawische Spitzenpolitiker Pozderac sein Amt als Vizeregierungschef räumen müssen. Jetzt folgt eine groß angelegte Säuberung unter Belgrader Parteigenossen. So verlor gestern die politische Leitfigur der albanischen Minderheit, Fadil Hoxha, sein Amt im Föderativen Regierungsrat. Gleichzeitig schloß man ihn aus der Partei aus und gab einer Anzeige des Altpartisanenbundes statt, die den 72jährigen des Landesverrats bezichtigt. Ein Sturm der Entrüstung, vor allem bei den Frauen, hatte Hoxha in der serbischen Bevölkerung mit seiner kürzlich von der Belgrader Presse veröffentlichten Erklärung über das Problem der Sexualverbrechen in Kosovo entfacht. Demnach soll er bei einem offiziellen Essen im vergangenen November vorgeschlagen haben, private Cafes sollten serbische Frauen einstellen, die den Appetit von potentiellen albanischen Vergewalti gern befriedigen sollten. Angeblich soll Hoxha während der Kriegszeit mit faschistischen Besatzern kollaboriert haben. Sollte Wahres an den Vorwürfen sein, heißt es dazu aus Oppositionskreisen, hätten dies seit Jahrzehnten alle Parteibonzen gewußt. Dann gebe es keine“plötzlichen Enthüllungen“ , wie dies der serbische Parteiführer Milosevic behauptet. Milosevic, der erst Anfang des Monats seinen liberaleren Kontrahenten, den serbischen Republikpräsidenten Ivan Stambolic politisch kaltstellte, gilt als Drahtzieher der Hoxha–Kampagne. Ihm sind die autonomen Rechte der albanischen Minderheit in Jugoslawienseit langem ein Dorn im Auge. Er tritt für eine Stärkung der serbischen Zentralregierung ein, was die verschiedenen Minderheiten aufbrachte. Vor allem in Slowenien wird öffentlich von Parteiführern das Gespenst an die Wand gemalt, Milosevic könnte mit Hilfe des Militärs einen Putsch planen, um die „slowenische Erneuerung“ zu stoppen, eine Reformbewegung, die bisher größere demokratische Umwälzungen brachte als Gorbatschows Glasnost, die der Belgrader Nomenklatur seit langem mißfällt.