„Das ist die Stadt, meine Kinder“

■ Kampf dem Schweinesystem oder wie ich die Krankheit zur Waffe machte

Herr K., der seit einiger Zeit der Filiale einer Supermarktkette vorstand, und sich im Gefolge übermäßiger Arbeitsbelastung nicht nur über die augenscheinlich abnehmende Zuneigung seiner Verlobten ihm gegenüber größere Sorgen zu machen begann, nein, insbesondere über anhaltende und offensichtlich immer heftiger werdende Magenbeschwerden, von denen er, wohl zu Recht, annahm, daß sie die Ankündigung eines deutlich bösartigen Magengeschwürs seien, dieser Herr K. begann eines Nachmittags, er hatte erneut mit der liegengebliebenen Arbeit zu kämpfen, nachhaltig auf Abhilfe zu sinnen. Nicht, daß ihm nicht ohne jedes übermäßige Rumgekrampfe eine Gutzahl Therapeuten und Freunde zur Hand gewesen wäre, alle in dem Bestreben, seine offensichtlich psychosomatische Knötchenbildung durch kräftiges Kneten zu lockern. Auch verfügte er, eigens für besondere Notfälle, über einen Schock früherer Freundinnen, von denen ein Gutteil ohne weitere Dummquatscherei willig genug gewesen wäre, um mit ihm, nur mal so, sagen wir: zu vögeln. Das alles war nicht die Schwierigkeit, allein es fehlte jeder der sich anbietenden Maßnahmen an der zu erwartenden, jedoch notwendigen Heilskraft. Das war so klar wie das Eiweiß ohne den häßlich Tritt.

Aber Herr K. hatte Glück.

Seit einigen Wochen hatten Leute, die er weder kannte noch kennen wollte, ein kleines Stück Land besetzt, das, zwischen den Blöcken gelegen, dem Zugriff der Ordnungskräfte wirkungsvoll entzogen war. Nun gut. Herr K., kurz und knapp, streifte sich auf der Herrentoilette eine lange Jahre aufbewahrte Schmuddeljeans über, trat vor den Spiegel, rieb sich die Kühnheit wie Creme um die Fresse und ging vor die Tür.

Alles entwickelte sich unglaublich einfach. Herrn K. gelang der von keiner Seite behinderte Zutritt zum Norbert-Kubat -Dreieck. Flugs griff er sich eine herumliegende Lederjacke, stülpte sich, das war ihm bekannt aus der Glotze, die Haßkappe metertief über die Ohren, drang vor in die vordersten Reihen der Kämpfer, warf mit diabolischem Grinsen und wütich wie ein Berserker Mollies und Steine (für Bullen und Schweine) über den heißumkämpften Drahtzaun, merkte, wie sich die Knoten in seiner angegriffenen Magenschleimhaut mehr und mehr aufzulösen begannen, kanllte, zum Abschluß, einen Zaunpfahl aus Stahlrohr gegen den Zaun, ebenfalls Stahlrohr, verdrückte sich, gelöst, frisch fromm und heiter, aber unauffällig, unauffällig, nach hinten in die Etappe, dankte Gott und den östlich über die Mauer schielenden Vopos für diese köstliche Arena, ließ sich, während die Lederjacke beiläufig im Staub liegenblieb, von einem zauberhaften Sanitäter die Augen ausspülen, wartete auf den geeigneten Augenblick, passierte gemeinsam mit einer Mädchenklasse aus Iserlohn („das ist die Stadt, meine Kinder!“) und einem verängstigten Fernsehteam („Au backe, au weia!“) Kämpfer, Besetzer und Bullen, schlenderte hinüber auf die Seite der staatlich-verbissen verteidigten Legalität („Recht so“ dachte Herr K., „wozu zahle ich Steuern“), erlebte das Abflauen der Kämpfe, und lauschte, entspannt wie seit Jahren nicht mehr, den Schlachtberichten der Bullen “... so'n Molli-Einsatz, Manne, wie hier, det hab ick ja noch nirjends erlebt.“ Problemlos erkannte der nun aber doch nachgerade knabenhaft beschwingt davoneilende Herr K. in einigen Stories eigene Leistung, „Wat mut, dat mut“, sagte er sich und fand, während er die Tür zur heimeligen Filiale aufstieß, erneut seinen Wahlspruch bestätigt: Leistung bringt Nutzen, viel Leistung viel Nutzen.

B.B., der arme