...und Wuttke läuft sich schon mal warm

Die taz präsentiert ihre EM-Auswahl  ■  PRESS-SCHLAG

Nach einer Fußball-EM stellt jeder vernünftige Mensch seine Auswahl der elf Besten zusammen. Und weil sie keine Geheimnisse kennt, macht es die taz öffentlich. In enger Abstimmung mit den Vor-Ort-Beobachtern Thömmes und Matti präsentieren wir die allerfeinste kontinentale Sahne, the best of „Euro 88“. van Breukelen

R.Koeman

Bergomi Rijkaard Raz

Gullit Donadoni Michailitschenko Sawaro

van Basten Vialli/Klinsmann

Im Tor erhält Hexer Hans van Breukelen den Vorzug, nicht der hochgelobte Dassajew. Bei hohen Bällen wurde der Sowjetkeeper ein ums andere mal zum Fliegenfänger. Außerdem zeigte der Niederländer nicht nur im Endspiel Anfälle schumacherscher Wahnhaftigkeit. Nach teutonischer Meuchelung eines Stürmers stierte der „irre Hans“ (Henk van Korrekten) dem Elfmeterschützen Belanow mit seinem Kreuzotternblick so lange ins Auge, bis er die Ecke wußte. Auch bei Matthäus‘ Elfer hatte er die Hand drangehabt.

Der Torwart spielt in einer Achse mit dem eingefuchsten Duo Koeman und Rijkaard. Wenn Koeman nach vorn geht, um wie gewohnt mit seinen Hämmern aus 40 Metern knapp übers Tor zu zielen, übernimmt der großartige Rijkaard den Liberopart und redet beruhigend auf den irren Hans ein.

Blockbildung und Mailänder Eleganz sind auf der rechten Seite angesagt. Bergomi, der mit seiner Ausstrahlung eigentlich im Smoking spielen müßte, ist unser rechter Verteidiger, immer „al dente“ (mit Biß) und fehlerlos seit 356 Spielen. Vor ihm im rechten Mittelfeld seine Milano -Kollegen Gullit (kein Wort über ihn) und Donadoni. Fachkräfte wird die Nominierung von Donadoni nicht überraschen, denn jede wirklich gute Mannschaft braucht einen unscheinbaren Spieler. Diese Rolle des unauffälligen Laufwunderwasserträgerimmergutundzuverlässig übernimmt also der Italiener.

Im rechten Mittelfeld wäre eigentlich Matthäus zu erwarten gewesen. Da dieser nach glaubhaften Aussagen seiner Gattin Sylvia aber vor allem durch die Kapitänsbinde zu guter Leistung getrieben wurde, die in der Europaelf wegen notorischer Mannschaftsdienlichkeit und großem Charme eindeutig Gullit zufällt, konnte der Franke nicht berücksichtigt werden. Gegen Matthäus spricht zudem fehlende Spritzigkeit im Interview, und schließlich gibt es da gewisse politische Vorbehalte.

Der Mailänder Block wird in der Spitze mit van Basten komplettiert, jenem Mann also, den Trainer Rinus Michels erst nominierte, nachdem er von der taz wegen Unterlassung ins Gurkenglas gesteckt worden war.

Auf der linken Seite steht analog zum mailänder der sowjetische Block. Der wieselflinke Raz verteidigt und sorgt für Druck aus der Tiefe des Raumes. Vor ihm verteilen Michailitschenko und Sawarow die Bälle, beide pfeilschnell und schlau und gut. Bei Verletzung können die Beiden ohne Qualitätsverlust durch jeden anderen sowjetischen Mittelfeldspieler ersetzt werden.

Hier hat Trainer Jack Charlton („die Giraffe“) die Qual der Wahl. Warum Charlton als Coach? Ganz einfach. Er ist der trinkfesteste aller Trainer, und bei solch einer Mannschaft gibt es natürlich viel zu feiern.

Bleibt die Postition der linken Spitze. Hier gibt es keine Einigkeit, und so spielen das Oberschenkelwunder Vialli und Schwabenpfeil Klinsmann je eine Halbzeit lang. Auf der Auswechselbank der Auswahl nehmen neben den sowjetischen Mittelfeldspielern noch Torwart Bonner (Irland) und Libero Chidijatulin Platz sowie Zeugwart Franz Beckenbauer.

Und an der Außenlinie läuft sich derweil Wolfram Wuttke schon mal warm...

Manfredo