Zu wenig Unternehmer an der Hochschule

■ In Bremerhaven steckt der Technologie-Transfer noch in den Kinderschuhen / Nur zwei Prozent Drittmittel / Transfer-Zentrum noch im Aufbau, aber „den dicksten Batzen“ beim Beratungsdienst / taz-HighTech-Serie, Teil 4

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„Welcher Hochschullehrer denkt denn schon gleichzeitig unternehmerisch?“ Nach Ansicht von Wilfried Arlt, dem Rektor der Hochschule in Bremerhaven, sind kaum ein Dutzend seiner 55 Hochschullehrer ernsthaft daran interessiert, an der Ausweitung des Technologie-Transferzentrums (TTZ) mitzuarbeiten. Schließlich müssen sich die einzelnen Institute innerhalb des TTZ selbst finanzieren, zumin

dest nach einer Anlaufzeit. Bei einer Lehrverpflichtung von 18 Wochenstunden, dreimal so viel wie an der Uni, bleibe da kaum noch Zeit, ein Institut aufzubauen und die Verantwortung dafür zu übernehmen, daß es sich trägt. Auch die Einwerbung von Aufträgen sei mit Schwierigkeiten verbunden - Arlt: „Ich weiß nicht, ob sich da jemand Gedanken drüber macht.“ Zuguterletzt würden immer wieder Professoren von anderen Hochschulen abgeworben, weil es in Bremerhaven an C-3-Stellen mangle.

Nur 2 Prozent

Drittmittel

In sechs Studiengängen werden in Bremerhaven IngenieurInnen ausgebildet. Der traditionelle Studiengang „Schiffbetriebstechnik“ nimmt nur noch acht Prozent der Haushaltsmittel in Anspruch. Er entstand 1975, als die Hochschule Bremerhaven aus den dortigen Abteilungen der Hochschulen für Technik und für Nautik gegründet wurde. Hinzu kamen „Transportwesen“ und „Betriebs- und Versorgungstechnik“ mit den Schwerpunkten

Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik, Ver- und Entsorgung sowie Umweltschutz. In einem zweiten Schub kamen seit 1982 die Studiengänge „Lebensmitteltechnologie“, „Systemanalyse“ (für Informations- und Kommunikationstechnik) und die „Verfahrenstechnik“ hinzu, die sich mit dem Apparatebau und der Technik mechanischer und thermischer Anlagen beschäftigt.

Technologie-Transfer in größerem Umfang steckt in Bremerhaven noch in den Kinderschuhen. Zwar werden eine ganze Reihe kleinerer Aufträge an die Lehrkräfte für die Wirtschaft erledigt, doch diese werden hauptsächlich im Rahmen der üblichen Nebentätigkeit abgewickelt. Nur rund zwei Prozent des Hochschul-Haushalts werden aus den offiziellen „Drittmitteln“ bestritten, die zum Kriterium für den Umfang des Wissenschafts-Transfers geworden sind. Da gelten die 900.000 Mark für die Entwicklung einer Windkraftanlage, um antarktische Forschungsstationen mit Energie zu versorgen, schon als großer Brocken.

Die Drittmittelforschung soll

jedoch vor allem im TTZ konzentriert werden, das auf Betreiben von Wilfried Arlt gegründet wurde. Im Trägerverein sind neben den Behörden und dem DGB auch die Industrie- und Handelskammer Bremerhaven und die Kreishandwerkerschaft Bremerhaven-Wesermünde Mitglied. Zum Jahresbeginn nahm als erste Einrichtung innerhalb des TTZ das „Institut für angewandte Umweltschutz-Technologie und Arbeitsschutz“ seine Arbeit auf. Weitere sollen folgen: Gerade hat das „Bremerhavener Institut für Lebensmittelbiologie und Biotechnolgie“ beengt seine Arbeit aufgenommen (mit dem sich die nächste Folge dieser Serie beschäftigen wird), und kurz vor der Gründung steht der „Forschungsbereich Luftverkehrswesen“, den der Hochschulprofessor Werner Horsmann mit einem leitenden Angestellten der Hapag LLoyd -Fluggesellschaft konzipiert hat. Das soll einmal in ein Institut für Transportwesen münden, wenn andere Hochschullehrer bereit sind, andere Sparten zu übernehmen. Auf sonderliche Resonanz stößt Arlt dabei nicht:

„Das wird nicht so ohne weiteres möglich sein“.

Das TTZ ist zunächst ein Zuschußgeschäft. Für Investitionen und Personalkosten wird der Wirtschaftssenator in den ersten fünf Jahren rund fünf Millionen Mark aus dem Förderprogramm WAP zahlen. Rund eine Million Mark hat bereits die Gründung des Umweltschutzinstituts gekostet, mit dem drei Hochschullehrer umweltverträgliche Produkte und umweltfreundliche Verfahren entwickeln wollen. Generell sollen die Personalkosten am Anfang zu 30 und im sechsten Jahr zu 80 Prozent durch Aufträge selbst erwirtschaftet werden. Technologischer

Beratungsdienst

Wie an der Hochschule Bremen gibt es auch in Bremerhaven einen Technologischen Beratungsdienst (TBD) - nur ungleich erfolgreicher. TBD-Mann Jürgen Wulfes lobt die Zusammmenarbeit mit der Kreishandwerkerschaft. Wulfes hatte früher selbst ein Geschäft und verfügt über gute Kontakte zum Bremerhavener Mittelstand.

Es geht um kleine Projekte und Beratungen, etwa ein Reinigungsverfahren für verschmutzte Räucheröfen. 200 Mark zahlt der Wirtschaftssenator für eine maximal fünfstündige Beratung - zu 50 bis 60 Terminen kommt es pro Jahr. An den 30.000 Mark, die der Senator insgesamt jährlich ausschüttet, „haben wir den größten Batzen“, freut sich Wulfes. Alle TBD -Projekte dieses Jahres im Land Bremen sind aus Bremerhaven gekommen - eingeschlossen die Beratung von etwa zehn Bremer Firmen. Gelegentlich sind die Wünsche allerdings unerfüllbar - wie etwa der des Azaleen-Züchterverbandes aus Oldenburg nach einer Apparatur, die die edlen Gewächse mechanisch nach Größe klassifizieren sollte.

Oft, da sind sich Rektor Arlt, TTZ-Geschäftsführer Ennen und Berater Wulfes einig, seien sich auch in Bremerhaven die Unternehmer nicht bewußt, daß ihnen die Hochschule tatsächlich helfen könne. Arlt: „Erst wenn sie mit uns gesprochen haben, merken sie, welche Probleme sie haben“.

mc