Kirchen-Mikrokosmos

■ In drei Jahren sollen die großen weißen Flecke der bremischen Kirchengeschichte geschlossen sein

Ob einige Flecke der bremischen Kirchengeschichte, die im Moment noch weiß sind, sich als schwarz herausstellen werden, wird sich vermutlich in drei Jahren genauer diskutieren lassen. Denn dann soll die erste umfassende Kirchengeschichte der Hansestadt erscheinen. Finanziell unterstützt wird die Arbeit sowohl von der Evangelischen Kirche als auch von der Katholischen Gemeinde. Für die Betreuung des 600-Seiten-Vorhabens ist die Bremer Vereinigung für Kirchengeschichte verantwortlich.

Wie umfangreich jedenfalls die „weißen Flecken“ sind, zeigt sich daran, daß bislang erst eine einzige Darstellung ausschließlich der reformierten Kirche erschienen ist, die zudem noch aus dem Jahre 1909 stammt. Pastor Ortwin Rudloff, der Vorsitzende der Kirchenhistoriker-Vereinigung, führt dies darauf zurück, daß es sich bei der Bremer Kirche nicht um eine große territoriale Einheit gehandelt habe. Zum an

deren weise die bremische Kirchengeschichte ebenso wie die Profangeschichte viele Besonderheiten auf.

Untersucht wird jetzt der gesamte Zeitraum von 789 bis 1945. Die führende Rolle Bremens bei der Nord- und Ostmission im Mittelalter soll beleuchtet werden, ebenso der schnelle Wechsel Bremens vom katholischen zum reformierten Glauben und die rasche Weiterentwicklung eines Teils der Gläubigen zum Calvinismus. Mit der Entwicklung des Katholizismus seit der Reformation wird sich ein Kirchenhistoriker der Philosophisch-Theologischen Hochschule Osnabrück befassen. Schließlich gilt Bremen seit dem 19. Jahrhundert auch noch als Zentrum für Liberalität und Freigeisterei. Für Rudloff ist die Stadt ein „Mikrokosmos, in dem sich auf kleinem Raum alle theologischen und weltanschaulichen Positionen begegnen und miteinander im Wettstreit liegen“.

kvr