5 % von Geld und Arbeit

■ Wie wichtig ist das Daimler-Werk Bremen für die Region? Vier Wissenschaftler fanden es im Auftrag der Handelskammer heraus

Eine Studie mit vielen, vielen Zahlen stellte gestern der Vizepräses der Handelskammer und Leiter des Daimler-Werks in Hemelingen, Wolfgang Schreck, der Presse vor: über die „regionalen Wirkungseffekte der Daimler-Benz-Ansiedlung“ in Bremen. Von der Handelskammer in Auftrag gegeben und von Daimler-Benz bezuschußt, untersuchten vier Wissenschaftler aus Bremen und Hamburg neun Monate lang die Bedeutung des größten industriellen Ansiedlungsvorhabens der Nachkriegszeit in Bremen. Untersuchungszeitraum war das Jahrzehnt zwischen 1977 und 1986. Freute sich Projektleiter Heiner Hautau, Vorstandsmitglied der Deutschen Außenhandels -und Verkehrsakademie in Bremen und Professor in Hamburg: „Das Werk ist das erste bundesweit, das überhaupt einen solchen Einblick ermöglichte.“ Schreck im Gegenzug: „Die Studie ist ein klares Bekenntnis zum Standort Bremen“.

13.050 Beschäftigte hat das Bremer Werk ganz aktuell; dazu kommen noch einmal 550 Beschäftigte in den Verkaufsniederlassungen, vor allem aber 9100 weitere Arbeitsplätze, die indirekt dem Werk zu verdanken sind: durch ihre Arbeit bei Zulieferfirmen oder dadurch, daß die Daimler-Beschäftigten bei ihnen den Lohn ausgeben. Somit hängen in Bremen allein 22.700 Beschäftigte von der Autoherstellung des Stuttgarter Industriekonzerns ab - 4,3 Prozent aller Beschäftigten im Land Bremen schon 1986. 55 Prozent der Werksbeschäftigten kommen aus Bremen, 45 Prozent aus dem niedersächsischen Umland. Das „Qualifikationsprofil“ zeigt Erstaunliches: 72 Prozent sind Facharbeiter, während im Werk nur 24 Prozent auch als solche tätig

sind - Ausdruck spezieller Anforderungen. Denn die Daimler -Beschäftigten sind zwar in der Regel gut ausgebildet, jedoch wird die Ausbildung genutzt, um sie „multipel“ (Hautau) für angelernte Tätigkeiten einzusetzen. Das geht besonders gut bei jüngeren Arbeitskräften - das Durchschnittsalter der Beschäftigten sank von 1977 bis 1986 denn auch von 39 auf 33 Jahre.

Jede zwanzigste Mark, die 1986 im Land Bremen ausgegeben wurde, stammt aus dem Hause Daimler-Benz, fanden die Forscher heraus: „Das Bruttoinlandsprodukt des Landes Bremen wurde im Jahre 1986 zu fünf Prozent vom Daimler-Benz-Werk erwirtschaftet, was dessen Stellenwert für die bremische Wirtschaft kennzeichnet“, heißt es in der Studie. Den Stellenwert für den Arbeitsmarkt haben die Wissenschaftler ebenfalls ausgerechnet: Gäbe es das Werk nicht, läge die Arbeitslosenquote in der Region Bremen noch um 3,5 Prozent über den jetztigen 15,5 Prozent.

Lieferanten

Für 2,5 Milliarden Mark kaufte das Werk 1986 außerhalb des eigenen Konzerns ein, für 2 Milliarden Mark innerhalb des Daimler-Produktionsverbundes. Der größte Teil der Lieferungen kommt nach wie vor aus Baden-Württemberg; aus Bremen und dem niedersächsischen Umland stammten Zukäufe im Wert von 390 Millionen Mark. Der „unverhältnismäßig größte“ (Schreck) Anteil davon geht allerdings an den Sitze -Hersteller Keiper-Rekaro in Mahndorf, der ausschließlich für das Werk produziert.

Auch die Beziehungen zur Uni und zu den Hochschulen listet die Studie auf. Zu vier Uni-Fachbereichen unterhält das Werk Bezie

hungen von gemeinsamen Forschungsvorhaben bis zu Sachspenden für die Ausrüstung von Instituten; zudem wird eine Vielzahl von Dissertationen und vor allem Diplomarbeiten bei Daimler geschrieben. Und nach so viel Positivem und Nützlichen geraten die Autoren geradezu ins Schwärmen, wenn sie auf die „regionalen Umwelteffekte“ zu sprechen kommen: „Durch eine ökologisch orientierte Flächen

nutzung des Werksgeländes wurde eine städtebaulich sinnvolle Integration des Industriekomplexes im Stadttteil Sebaldsbrück erreicht“, heißt es wörtlich. Glaubt man der Studie, gibt es mit dem Daimler-Werk überhaupt nur ein einziges Problem: den Verkehrslärm durch Beschäftigte und Werks-LKWs. Und auch diese Belastung ist vorbei, wenn der „Hemelinger Tunnel“ erst einmal gebaut ist.

mc