Ganz geheimer Senat

■ Staatsgerichtshof verhandelte über Klage der Bürgerschaft auf Herausgabe von Senatsprotokollen / Urteil am 1. März

Senatsprotokolle gehören zu den bestgehütetsten Geheimnissen in Bremen. Während die Senatsvorlagen zwar auch streng vertraulich sein sollen, trotzdem jedoch in schöner Regelmäßigkeit vorab in Journalistenhände geraten, sind die protokollierten Debatten der SenatorInnen-Runde tatsächlich noch nie in den Kollegenkreis - und damit in die Öffentlichkeit - gedrungen. Rolf Lindhorn, Leiter der Rechtsabteilung in der Senatskanzlei, hatte am Samstag vor dem Staatsgerichtshof Gelegenheit zu erläutern, warum das so ist. Die höchsten Bremer Landesrichter saßen über einer Klage der Bürgerschaft zu Gericht, mit der der Senat gezwungen werden soll, seine Sitzungsprotokolle für die Aufklärungsarbeit parlamentarischer Untersuchungsausschüsse herauszugeben. Der St.-Jürgen-Ausschuß möchte klären, wieviel der Senat von dem Bestechungsskandal wußte, bevor er im Dezember 87 den Klinik-Verwaltungsdirektor Galla in den Ruhestand versetzte.

In den Protokollen werde jede Senatorenäußerung in geraffter Form festgehalten, so Lindhorn vor Gericht. Auf Antrag werden die Diskussionsbeiträge sogar wörtlich - oder gar nicht - protokolliert. Von den wöchentlich

30 bis 50 Seiten Protokoll bekomme jedes Senatsmitglied ein Exemplar, von dem keine weiteren Kopien angefertigt werden dürften. Scheidet ein Senatar aus der Regierung aus, muß er die gesammelten Protokolle an die Senatskanzlei vollständig zurückgeben. Dort würden sie dann vernichtet, so Lindhorn.

Kein Wunder, daß bei soviel Vorsorge für die Vertraulichkeit der Regierungsgeschäfte der Senat kein Interesse hat, seine Sitzungsprotokolle einem öffentlich tagenden Untersuchungsausschuß zu übergeben. Gäbe es diese Geheimhaltung nicht, so die Argumentation des Stuttgarter Juristen Michael Quaas, der den Senat vor dem Staatsgerichtshof vertrat, dann würden Regierungsentscheidungen nicht mehr in den offiziellen Senatssitzungen, sondern in informellen „verschwiegenen Zirkeln“ fallen.

Für die klagende Bürgerschaft vertrat dagegen der Hagener Professor Ulrich Battis die „einzig echte Macht“ des Parlaments gegenüber der Regierung, die in der nachträglichen Kontrolle ihrer Geschäfte läge. Nur laufenden Vorgängen wollte er ein Geheimhaltungsrecht zubilligen.

Das Urteil des Staatsgerichtshofs soll am 1. März fallen.

Ase