Zwei Tage „Antifaschistisches Klima“

■ Mehr als 600 BesucherInnen auf der „Aktionskonferenz gegen Neofaschismus und Rassismus“ / Nachahmenswerte Aktionen gegen die DVU bundesweit zusammengetragen / Noch viel zu tun bis zur Europawahl

In der Arbeitsgruppe „C 6“ machte vor allem der Vertreter aus „Schwelm“ Furore. Denn der wußte von einer erfolgreichen Anti-DVU-Aktion zu erzählen, wie sie die anderen achtzig AntifaschistInnen auch gerne organisieren würden: „Es gab wirklich kein Hickhack, sondern ein spontanes, solidarisches Bündnis, so wie man sich's im Traum vorstellt.“ - „Wir haben Innenministerium und Polizei dazu gebracht zu sagen: Laßt die Antifaschisten das diesmal selber machen.“

Die Arbeitsgruppe „C 6“ tagte auf der „Bundesweiten Aktionskonferenz gegen Neofaschismus und Rassismus“ am Wochenende in der Bremer Gesamtschule Ost. Und „Schwelm“, das ist das kleine Städtchen im Ennepe-Ruhr-Kreis, das erst vorletzten Sonntag Schlagzeilen gemacht hatte, als 4000 Nordrhein-WestfälInnen verhinderten, daß dort ein Landesverband der „Deutschen Volks-Union“ (DVU) gegründet wurde. Sogar einen Videofilm hatten die „Schwelmer“ mitgebracht und mit den TV-Sequenzen vom untypischen Polizeieinsatz für Staunen gesorgt. Denn in Schwelm hatte der Polizeieinsatz nicht GegendemonstrantInnen, sondern DVU -AnhängerInnen gegolten. Beide Bürgermeister von Schwelm (SPD und CDU), sowie IG Metall, Grüne und DKP hatten zu der kurzfristig anberaumten Gegen

demonstration aufgerufen. Der Breite des Bündnisses in Schwelm und dem „antifaschistischen Klima“ in Nordrhein -Westfalen, so der Redner aus Schwelm, sei es

zu verdanken, daß der Polizeieinsatz sich nicht gegen die GegendemonstrantInnen gerichtet habe. Überhaupt konnten die Nordrhein-Westfalen mit Stolz

verkünden: „Die NPD hat es drei Jahre lang nicht geschafft, in NRW einen Landesparteitag abzuhalten.“

Gerade für die Bremer TeilnehmerInnen, die sich viel auf hiesige Links-Radikalität zugute halten, aber einen DVU -Abgeordneten im Parlament sitzen haben und noch vor einer Woche bei einer Gegendemonstration Prügel von der Polizei beziehen mußten, gab es auf der Konferenz viel Anregendes zu hören. Über 600 TeilnehmerInnen aus dem ganzen Bundesgebiet hatten sich eingefunden, und dank dem Organisationstalent der „BremerInnen gegen Neofaschismus“ auch gut zurechtgefunden. In rund 25 Arbeitsgruppen liefen Diskussionen, die einen konzentriert und effektiv, auf gegenseitigen Austausch bedacht, andere „zu pädagogisch“ oder „zu theoretisch-schwafelig“ und „zu wenig von eigenen Erfahrungen ausgehend“. Auf dem Abschlußplenum konzentrierte sich die Debatte auf das Motto der geplanten anti -nazistischen Kampagne vor den Europa-Wahlen am 18. Juni. Die Mehrheit im Saal war sich einig

mit Jochen Rieß: „Wir müssen uns an die Leute wenden, die nicht wissen, was Rassismus ist. So 'ne Parole müssen wir finden.“ Mit der Parole, die gefunden wurde, waren jedoch selbst die FinderInnen nicht recht zufrieden und sprachen selbstironisch vom „Friede-Freude-Eierkuchen„-Einstieg. Mangels peppiger Alternativen einigte sich die Konferenz jedoch auf den Dreizeiler: „Leben und Lieben, dem Haß keine Chance. Gegen Neofaschismus und Rassismus.“

Außer dem neuen Motto gab es Aktions-Termine in Hülle und Fülle. Eine kleine Auswahl: Am 4. Februar Protestdemonstration in Rothenburg gegen einen Aufmarsch der FAP. Am 21. April Sitzung des Bundeswahlausschusses, der über Zulassung oder Nicht-Zulassung der DVU entscheiden wird. Am 27. Mai Gegendemonstration gegen die 6000fache Versammlung der DVU in der Passauer Nibelungenhalle. Dazu der agile Vertreter aus Schwelm: „Bis dahin werden wir einen lockeren Zehntausender zusammenkriegen.“

bd/kvr