Bremer Millionen-Geschenk an Jacobs

■ Stadt verwaltete drei Jahre lang leerstehendes Verwaltungsgebäude und zahlte dafür 4,5 Mio Mark an Kaffee-Konzern Spendabler Freitag im Wirtschaftsförderungsausschuß / Grüner wünscht: „Wohl bekomms!“

Drei Jahre lang hatte der Schoko-und Kaffee-Multi Jacobs -Suchard keinen Bedarf für sein Bremer Verwaltungsgebäude an der Langemarckstraße. Die Stadt Bremen sprang ein, kaufte die leerstehende Immobilie und verwaltete sie drei Jahre lang. Jetzt möchte Jacobs seinen bundesdeutschen Firmensitz vergrößern und dafür das Gelände nebst Gebäude wiederhaben. Kein Problem: Die Stadt verkauft es dem Kaffee-Konzern zurück. Und weil Bremen seine Kaffee-Barone liebt, läßt es sich diese Transaktion neben den Aufwendungen für

die dreijährige Gebäudeunter haltung auch noch 4,5 Mio Mark Wirtschaftsförderung kosten. Und das geht so:

Als die Firma Jacobs das Gebäude 1985 verkaufen wollte, war es 5,5 Mio Mark wert. Die Stadt Bremen gab jedoch neun Millionen dafür, um den Kaffee-Konzern bei Laune zu halten und dessen verbleibende Bremer Arbeitsplätze nicht zu gefährden.

Inzwischen ist der Wert der Immobilie auf 7,2 Mio Mark gestiegen, zahlen muß Jacobs für den Rückkauf jedoch nur 6,2 Mio. DM. „Insgesamt ein Geschenk

von 4,5 Mio Mark aus dem bremischen Haushalt an ein Unternehmen, das allein im Poker um das britische Süßwarenimperium Rowntree einen Gewinn von 600 Mio Mark gemacht hat“, kommentiert das grüne Mitglied im Wirtschaftsförderungsausschuß, Ralf Fücks, und wünscht: „Wohl bekomms!“

Dieses Millionengeschenk an hervorragend florierende Unternehmen war zwar das umfangreichste, nicht aber das einzige dieser Art, das der Wirtschaftsförderungsausschuß am vergangenen Freitag beschloß. Auch der

Securitas-Versicherung wird mit knappen zwei Mio Mark aus dem Landeshaushalt hilfreich unter die Arme gegriffen. Ihr neues Bremer Verwaltungsgebäude sei von „besonderem wirtschaftlichem Nutzen“, hatte die Bundesregierung erkannt und eine Investitionszulage von 8,75 Prozent bewilligt. Bremen legt nun noch einmal 6,25 Prozent, das sind an die zwei Millionen Mark, drauf.

Schließlich genehmigte der Ausschuß auch für die Produktion von Daimler-Sitzen in der Bremer Zuliefer-Firma Keiper -Recaro 220.000 Mark, obwohl die entsprechende Investition bereits 1987 zu 545.000 Mark gefördert worden war und auch ein inzwischen eingetretener Mehrbedarf bereits voll aus Eigenmitteln finanziert worden ist.

„Es sieht tatsächlich so aus, als würde man dort mit Speck nach dem Schinken werfen“, gesteht angesichts solcher Beschlüsse der Pressesprecher des Finanzsenators, Denkmann, versichert aber gleichzeitig, daß diese Wirtschaftsförderungen in seinem Ressort „heftig nachgeprüft“ worden seien. Auch Hartwin Meyer-Arndt, Leiter der Haushaltsabteilung im Finanzressort und ständiger Gast im Wirtschafts förderungsausschuß, kann die

grüne Kritik an der Vergabepraxis „gut verstehen“: „Wir haben das auch problematisiert, uns letztlich aber vom Wirtschaftsressort überzeugen lassen und unsere Bedenken zurückgezogen.“

Das Argument, das den Vertreter des Finanzressorts beeindruckte: „Niemand weiß genau, was die Firmen bei einer Ablehnung machen. Sogar späte Rache wäre möglich.“ Deshalb seien die Millionengeschenke vom Freitag nicht viel mehr als „übliche Routine“ gewesen. Es sei ja auch schon vorgekommen, daß das Finanzressort sich mit seinen Bedenken gegen zu üppige Wirtschaftsförderungsanträge des Wirtschaftsressorts durchgesetzt habe, allerdings nur „in ganz wenigen Einzelfällen“, erinnert sich Meyer-Arndt.

Ralf Fücks fühlte sich in der freitäglichen Vergabesitzung „fatal an ein Handbuch über staatsmonopolistischen Kapitalismus“ erinnert: „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der Senat über zuviel Finanzmittel verfügt statt über zuwenig.Das wirtschaftspolitische Aktionsprogramm degeneriert zu einem Selbstbedienungsladen für die Wirtschaft. Von gestaltender Strukturpolitik kann keine Rede sein.“

Dirk Asendorpf