piwik no script img

„Das sind keine Rechtsradikalen“

■ Heinrich Lummer, CDU-Rechtsaußen, zur Zeit Mitglied des Bundestags in Bonn, über den Zugewinn für die „Republikaner“ und über die Fehler der CDU-Politik / „Der Trend geht weg vom Vier-Parteien-System“

taz: Wer ist verantwortlich für die Wahlniederlage der CDU, Herr Lummer?

Lummer: Wenn jemand als verantwortlich bezeichnet werden kann, dann die CDU selbst. Wir haben bestimmte Dinge falsch eingeschätzt, daraus haben wir jetzt die Konsequenzen zu ziehen.

Welche Konsequenzen?

Das bezieht sich zunächst auf all das, was die Republikaner aufgegriffen haben: Fragen der Ausländer-, Aussiedler- und Asylantenpolitik und der inneren Sicherheit. Aber natürlich haben Bonner Themen wie die Gesundheitsreform ebenfalls eine Rolle gespielt.

Sie sind gerade auf der Vorstandssitzung. Wird Diepgen jetzt gekippt?

Ich meine nicht, daß wir uns jetzt darin bestätigen sollten, personelle Verantwortlichkeiten zu sehen und Rücktrittsforderungen zu erheben.

Ihr Aufruf, die „Republikaner“ nicht zu wählen, hat nichts genutzt.

Er hat nicht den Nutzen gebracht, den ich mir erwünscht habe, das ist richtig.

Die „Republikaner“ waren ja sehr erfolgreich. Gehen Sie jetzt zu denen?

Natürlich nicht. Ich bin nach wie vor der Meinung, daß man sich mit ihren Themen auseinandersetzen muß. Die haben ja im Grunde im Teich der Wähler gefischt, die auch CDU-Wähler sind. Wir müssen diese Wähler zurückgewinnen; auch die, die nicht zur Wahl gegangen sind. Ein Ausfransen an den Rändern liegt nicht in unserem Interesse.

Sind denn Ihrer Einschätzung nach die „Republikaner“ rechtsradikal?

Nein. Die vertreten in bestimmten Punkten radikale und auch sehr emotional vorgetragene Positionen - nicht anders, als die Alternative Liste das auch tut. Wenn man die Frage nicht der Radikalität, sondern der Verfassungsfeindlichkeit stellt, kann man die Frage eher bei der AL mit Grund stellen als auf der anderen Seite. Im übrigen ist es so, daß es den Sozialdemokraten seinerzeit nicht gelungen ist, auf der linken Seite eine Partei - die AL und die Grünen - zu verhindern. Jetzt ist es der CDU nicht gelungen, auf der rechten Seite so etwas zu verhindern. Wir haben einen Trend, der vom Vier-Parteien-System weggeht; wir haben beide keine 40 Prozent der Stimmen bekommen. Mit dieser neuen Realität müssen wir uns auseinandersetzen. Es kommt darauf an zu verhindern, daß an den beiden Seiten nichts geschieht, was in das Spektrum der Verfassungsfeindlichkeit abrutscht.

Meinen Sie, daß sich dieser Trend bundesweit durchsetzt und eine fünfte Partei rechts von der CDU entsteht?

Das weiß ich nicht. Mein Bemühen wird darin bestehen, das zu verhindern. Wenn wir das Spektrum von der Mitte bis nach rechts abdecken wollen, muß sich das im programmatischen und personellen Angebot und in der praktischen Politik ausdrücken, damit wir konservative Wähler nicht verlieren.

Interview: Max Thomas Mehr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen