K wie Piano, P wie Klavier

■ Beim 143. DACAPO-Konzert „P wie Klavier“ spielten vier unterschiedliche Solo-Pianisten Jazzimprovisationen: So wie sie aussehen, spielen sie auch

„S wie Bösendorfer“ wäre auch ein passender Titel dieses Konzerts gewesen, denn der Konzertflügel stand so prächtig im Scheinwerferlicht, und er klang so wunderschön, daß durch ihn alleine schon eine feierlich, erhabene Grundstimmung in den immer etwas schmuddelig und provisorisch wirkenden Weserterrassen herrschte. Und der Nimbus des Klaviervirtuosen schwang auch bei den vier sehr unterschiedlichen Solosets mit. Dabei war es faszinierend, wie genau das äußere Erscheinungsbild der Pianisten ihre Musik wi

derspiegelte: so wie sie aussehen, spielten sie auch. Olaf Schneider ist ein noch sehr junger, sensibler und etwas scheuer Newcomer, und er spielte dann auch wie auf dem Abschlußkonzert des Konservatoriums, schon mit erstaunlicher Technik, doch etwas unfertig, sehr ernsthaft und idealistisch; seine Soloexkursionen hatten immer etwas Suchendes, er tastete sich eher an die einzelnen Motive heran und offenbarte seine romantische Natur, als er bei der nicht gerade jazzigen Volksweise „Du, Du liegst mir im Herzen“ verweilte.

Schneider ist wie ein Meisterschüler, Klaus Ignatzek könnte gut sein Lehrer sein. Er sieht aus, spricht und spielte wie ein Akademiker. Seine Interpretationen von Gershwinsongs, deren Titel er als einziger auch ansagte - nicht ohne auf den Verkaufsstand mit seinen Platten hinzuweisen -, waren wie Studien angelegt, bei denen er mit fast wissenschaftlicher Akribie in die Tiefe der

Stücke abtauchte. Dabei wurde er aber nicht zu abstrakt, spielte sehr geschmeidig, mit einer ganz unangestrengt wirkenden Virtuosität. Sein Set war hochpolierter Jazz ohne Kanten, sehr süffig und klassisch.

Nach der Pause präsentierte Ingo Ahmels einen zu angestrengt um Originalität bemühten Auftritt, bei dem unter anderem ein Athlet in enger Sportkleidung sich an einem Fitnessgerät abmühte, Discolights aufleuchteten und Ahmels in feierlichem Anzug zuerst nur monoton ostinato spielte, dann doch ein zusammengewürfeltes Programm mit Stücken von Monk, Evans und Schönberg zum Besten gab.

Zum Schluß wurde eine Tonbandaufnahme abgespielt und „zum besseren Verständnis“ Programmzettel ins Publikum geworfen. Ahmels wollte wohl ein ganz anderes Solo-Statement vorführen: Es sollte witzig sein, aber keiner hat gelacht.

Danach der Auftritt von Mi

chael Berger, der im Programm schon als Bremer Altstar tituliert wurde, leider nur in sehr langen zeitlichen Abständen Solo auf dem Piano zu hören ist. Hier machte er aber seinem Titel mit einem begeisternden Set alle Ehre. Seine Improvisationen waren frei gespielt, nicht nur im Sinne des Free Jazz: für ihn schien es keine Grenzen auf dem Instrument zu geben, die Technik war aufgehoben, man bewunderte nicht mehr das virtuose Spiel, die Musik hob über alles hinweg. Und bei Bergers Anschlag ertönte auch der Bösendorfer in seiner ganzen Pracht. Zum Schluß holte er noch als überraschende Zugabe die Sängerin Evelyn Gramel ans Mikrophon, und die beiden zeigten mit dem Klassiker „A Night In Tunisia“ und einem freien Stück die Bandbreite ihrer Musik.

DACAPO will die P-Konzertreihe weiterführen. Michael Berger sollte dort öfter und länger spielen.

Willy Taub