Empörung über Martiny

■ Kulturausschuß sauer, weil die zuständige Senatorin die konstituierende Sitzung schwänzte / Martiny ist in Italien

Frau Dr. Anke Martiny, ihres Zeichens Senatorin für kulturelle Angelegenheiten, glänzte am gestrigen Morgen in der konstituierenden Sitzung des Kulturausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses durch Abwesenheit. Nach den einstimmigen Wahlen des Vorsitzenden, Dr. Biewald (CDU), seiner Stellvertreterin Sieglerschmidt (SPD) sowie des Schriftführers bzw. seines Stellvertreters erhielt der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Lehmann-Brauns das Wort. „Unglaublich“, legte er los, daß die Senatorin anderes für wichtiger hielt als ihre Aufgabe, den parlamentarischen Kontrolleuren in diesem Augenblick nicht zur Verfügung zu stehen. Staatssekretär Kirchner konkretisierte ihre Abwesenheit mit einer schon länger feststehenden Zusage, in Italien ein dortiges Goethe -Institut zu besuchen, und darüber hinaus Gespräche in Sachen Europäischer Filmpreis zu führen.

Frau Greve (SPD) nannte daraufhin die Abwesenheit „einen einmaligen Ausrutscher“. Herr Landowsky(CDU) gab keine Ruhe, nannte ihr Verhalten „schnoddrig und despektierlich“.

Herr Löffler (SPD) wand sich mit einer anderen Tagesordnung heraus, doch blieb es Landowsky überlassen, die „psychisch verständliche Verharmlosung“ als solche zu benennen, sollte es doch schließlich auf Antrag der CDU-Fraktion um den Stellenwert von Kunst im rot-grünen Senat auf Grund distanzierender Äußerungen der Kultursenatorin sowie beabsichtigte finanzielle Kürzungen gehen.

Für die anschließende Befragung des Interimsintendanten des Symphonischen Orchesters Berlin war ihre Anwesenheit zwar auch erforderlich, aber die aufgelaufenen Schulden von 901.000 Mark, bzw. die Wahl des Intendanten am 23.Mai, die Bildung einer GmbH, die Aufstockung des Etats um jährlich zwei Stellen a 60.000 Mark sowie die Erarbeitung eines Konzepts wurde ohne sie diskutiert. Auf Antrag der CDU wird sich der Kulturausschuß in einer Sondersitzung mit dem „Desinteresse der Senatorin“ beschäftigen.

Inzwischen fragen sich auch im außerparlamentarischen Bereich diverser freier Gruppen und sonstiger dezentraler Kulturträger, ob wir überhaupt eine Kultursenatorin haben. Sie glänzt allerorten durch Abwesenheit, aber sie denkt im Augenblick wohl eher multikulturell bei Temperaturen von 21 Grad Celsius in Rom.

Qpferdach