Sport und Lärm

■ Neue Richtlinien des Verbands Deutscher Ingenieure soll Konflikte mit Anwohnern von Sportanlagen lösbar machen

Berlin (taz) - Bisher wurden Geräusche, die beim Sporttreiben entstehen, unangemessen nach Arbeitslärmnormen beurteilt; das soll sich nun ändern: durch eine neue Richtlinie des VDI (Verein Deutscher Ingenieure).

Der VDI veranstaltete vor kurzem zusammen mit dem Deutschen Sportbund (DSB) eine Tagung zum Thema Lärm und Sport, zur gemeinsamen Aussprache. Anlaß dafür war der im Februar erschienene Vorentwurf der VDI-Richtlinie „Beurteilung der durch Freizeitaktivitäten verursachten und von Freizeiteinrichtungen ausgehenden Geräusche“, zu dem die rund 70 TeilnehmerInnen aus der Fachwelt überwiegend positiv Stellung bezogen.

Hinter dem umständlichen Titel verbirgt sich ein Entwurf mit genauesten Angaben zur Erfassung und Beurteilung von Sportgeräuschen. Darin wurden sowohl das Meßverfahren und die Richtwerte als auch die Klassifizierung der Einwirkungsorte festgelegt. Stein des Anstoßes für die seit Jahren schwelenden Streitereien um den Lärmpegel von Freiluftsportstätten sind bundesweit hauptsächlich Fußballplätze und Tennisanlagen. Dagegen zogen in den vergangenen Jahren angrenzende BewohnerInnen immer häufiger vor Gericht, um Beschränkungen für den von ihnen als zu laut empfundenen Sport durchzusetzen.

Für Aufregung sorgte deshalb im Januar der Prozeß um die Berzirkssportanlage Tegelsbarg in Hamburg-Poppenbüttel; die Eigentümerin eines an die Sportanlage grenzenden Gartens hatte geklagt und gewonnen. Der als Tendenzurteil zu wertende Richterspruch untersagt dort seitdem „gezieltes Torschußtraining“, Megaphone und Startschußpistolen. Nach 19 Uhr sowie Samstag nachmittags und an Sonntagen ist der Sportbetrieb generell untersagt.

Nicht nur in Hamburg, auch in Berlin sind Frank Kegler vom Landessportbund Berlin etliche Fußball- und Tennisplätze quer durch alle Bezirke bekannt, die sofort nach Betriebnahme verklagt wurden. Betroffen ist davon in erster Linie der vom neuen rot-grünen Berliner Senat bevorzugte Breitensport. Fußballspielen nach Feierabend mit seinen typischen Geräuschen wie Zurufen des Trainers und Aufprallen des Balles läßt manche AnwohnerInnen um eine Wertminderung des Eigenheimes fürchten.

Die SportlerInnen, die für Herrn Kegler „nichts gegen die Einhaltung der Mittagspausen haben und sich bereits oftmals Selbstbeschränkung auferlegten“, erhoffen sich von der VDI -Richtlinie - deren entgültige Fassung nächstes Jahr erarbeitet wird - „eine gerechtere Beurteilungsgrundlage in zukünftigen Rechtsstreiten“. Der Entwurf soll dann rechtsverbindlich die oft zweifelhaften Gutachten ablösen. Doch auch danach bleibt der Lärm für die Vereine eine teure Sache: 1,5 Millionen Mark kostete gerade die Installierung einer Schutzwand im Berliner Stadtteil Neukölln.

Die Lösung des Konflikts, nämlich Ausweichen an den Stadtrand und Naturschutzgebiete einerseits oder der bürgernahe Bolzplatz andererseits (was die grünen Sportkonzepte vorschlagen), soll dann mit den neuen VDI -Richtlinien gelingen - möglicherweise.

Karin Figge