Politisches Klima in Slowenien aufgeheizt

Mit dem Haftantritt des Aktivisten Janez Jansa verstärken sich in der nördlichen Republik Jugoslawiens Ängste vorm serbischen Nationalismus / Parteizeitung fordert Ausschluß Serbiens aus Jugoslawien / Aufklärung über Verfolgung von Kosovo-Albanern gefordert  ■  Aus Budapest Roland Hofwiler

„Empörung und Angst prägen das Wochenende“, meldete Radio Ljubiljana über die ersten Reaktionen auf die Verhaftung der Gallionsfigur der jugoslawischen Alternativbewegung Janez Jansa vom Freitag. Die slowenische Zeitung 'Delo‘ forderte den „Ausschluß Serbiens aus Jugoslawien“, wenn die serbische Führung nicht endlich ihre Unterdrückungspolitik gegenüber den Albanern im Kosovo aufgebe. Slowenien und Kroatien sollten, so 'Delo‘, den für Dezember geplanten Parteikongreß boykottieren und einen parallelen Kongreß in der kroatischen Hauptstadt Zagreb veranstalten. Es könne nicht angehen, daß der serbische Parteichef Milosevic den Parteikongreß zur Errichtung der serbischen Vorherrschaft in Jugoslawien benutzte. Die serbische Parteizeitung 'Politika‘ rügte daraufhin den „Zynismus und Haß“, der in Slowenien gegenüber der serbischen Parteiführung verbreitet werde. Radio Belgrad beschimpfte die slowenische Führung zuzulassen, daß „extremistische Kreise“ die Gefahr eines Ausnahmezustands wie im Kosovo auch in Slowenien an die Wand malten.

Doch es sind gerade solche Worte aus Belgrad, die in Slowenien Angst verbreiten. Die Reformer in der Partei, die der alternativen Szene zugehörigen Aktivisten unabhängiger Gruppen und Politzirkel, sehen sich schon jetzt von Belgrad aus in die Enge getrieben. Es waren eben der ehemalige slowenische Funktionär der kommunistischen Jugendorganisation Jansa, der Fähnrich Borstner und die Redakteure des Politmagazins 'Mladina‘, Zavrl und Tasic, die genau vor einem Jahr (15. 5.) Putschpläne des Militärs in Jugoslawien aufdeckten und in ihrer Zeitung verbreiteten Pläne, die der damals noch nicht so bekannte serbische Parteiführer zusammen mit hohen Militärs ausgeheckt haben soll, um den slowenischen Reformfrühling zu stoppen. (Der Plan wurde in der taz vom 16.7.88 dokumentiert.) Zwar verurteilte ein Militärgericht die vier zu eineinhalb bis vier Jahre Gefängnis, doch konnte die slowenisiche Parteiführung, herausgefordert von einer beispiellosen Welle des Protests, den Haftantritt immer wieder hinausschieben lassen. In der Folgezeit versuchte die slowenische Partei darauf hinzuwirken, das Verfahren vor einem Zivilgericht erneut aufrollen zu lassen.

Mit der Verhaftung Jansas scheint diese Absicht durchkreuzt. In den letzten zwölf Monaten ist die Macht des serbischen Parteichefs Milosevic weiter angewachsen. Der Belgrader Führung ist es offenbar ein Greuel, mitansehen zu müssen, wie unter der Parole „Was die Ungarn können, können wir auch“ die Demokratische Allianz Sloweniens und die Sozialdemokratische Partei Sloweniens gegründet wurden und das Einparteiensystem zu unterminieren begannen. Da auch in Kroatien drei informelle Gruppen ins Leben gerufen wurden, der Kroatische Sozialliberale Bund, die Kroatische Demokratische Vereinigung und die Jugoslawische Initiative, driften die südlichen und nördlichen Staaten weiter auseinander. Milosevics Politik bedeutet in Serbien nicht nur das Setzen auf die nationalistische Karte, sondern auch die Ablehnung reformkommunistischer Ansätze. Wenn jetzt die informellen Gruppen in Slowenien und Kroatien eine gemeinsame politische Plattform schaffen, auf der die Abschaffung von Militärprozessen, Pressefreiheit, Schluß mit der Diskriminierung der albanischen Minderheit, die Freilassung von Adem Demaqi, dem bekanntesten Romancier albanischer Sprache - der seit 28 Jahren im Gefängnis sitzt, nur weil er ein albanischer Intellektueller ist - gefordert wird, sind die beiden nördlichen Republiken weiter aneinandergerückt. Vor allem wurmt es die Milosevic -Anhänger, daß von Slowenien ausgehend seit Ende März mehr als eine Million Jugoslawen eine Petition unterschrieben haben, in der die Aufklärung über die Verhaftungswelle und die Morde an Kosovo-Albanern gefordert wird. Wenn nun auch noch die anderen drei vom Militär Verurteilten Jansa ins Gefängnis folgen sollten, wird die politische Atmosphäre noch weiter angeheizt.