Aschermittwoch nach der Sturmwarnung * Unser Land zwischen Fasching und Wahl  ■ G A S T K O M M E N T A R

Die Faschingszeit ist also wieder einmal zu Ende. Rosenmontag bei gepfefferten Blumenpreisen, Fastnacht mit Büchsencoca, Aschermittwoch nach der Sturmwarnung. Selten so getaumelt. Die Narren sind nicht mehr einzufangen. Mit Silvesterraketen aus dem Westen haben sie die Ost-Knallköpfe eingeschüchtert. Jetzt rennen sie - immer der Pappnase nach

-ins Kaufhaus und holen sich (endlich) den Color-Blaupunkt zu 8000 Mark. Sicher ist sicher. Wir haben uns lange genug belügen lassen. Krenz packt ja jetzt endlich aus und Schabowski feiert dort, wo auch das Volk es tut - auf der Sparkasse. Keiner gafft ihn - wie eigentlich üblich hierzulande - an. Dieses Gesicht hat einst den Fez verkündet, es wurde jedoch im Trubel schnell vergessen. Will man eine Faschingszeitung, muß man jetzt nicht gleich die erstbeste nehnen, es gibt noch andere. Man probt die Wahl. Schon vor der Wahl, denn man hat wählen nie gelernt. Der Orkan fegt dieser Tage hinweg was da war - und schon können die Narren auch ohne das leben. Der Elferrat hat bis in den späten Abend am Festprogramm gearbeitet, doch die Harlekine tanzen jetzt närrisch darauf herum und erklären das Papier für untauglich.

Hans im Glück aus dem Westen packt aus als man sich nach der gem'einsamen Polonaise im kleineren Kreise im Nachbarzimmer trifft. Er hat bunte Sticker und lila Luftblasen mitgebracht und verkündet immer wieder, daß er sich freut. Natürlich vor allem über die vielen Narren, die diese Narrenzeit hervorgebracht hat. Das hätte sich doch am Elftenelften keiner träumen lassen. Aber: Wir sind die Narren! Keine rote Marmelade mehr in den Pfannkuchen! Konfetti paletti, Konfetti paletti! Wir sind die Narren. Wir wissen es nur noch nicht. Pfannkuchen aus der Frischhaltepackung, das wär doch was! Was gibt es da noch zu überlegen? Irgendwann ist es doch wirklich vorbei mit der Nach-Grübelei und man besinnt sich auf die elemetarsten Dinge des Lebens. Sturmwarnung ist was für Ängstliche. Helau!

Nadja Klinger