Nicht zu Lasten der Frauen

■ Frauensenatorin Klein und die DDR-Ministerin Böhm zur Vereinigung und der Situation der Frauen

„Wir müssen verhindern, daß das Zusammenwachsen der beiden Deutschen Staaten auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird. Der Einigungsprozeß darf nicht im Hauruckverfahren über unsere Köpfe hinweg rollen.“ Frauensenatorin Anne Klein und Tatjana Böhm, Ministerin ohne Geschäftsbereich der DDR hatten am vergangenen Freitag zur ersten deutsch-deutschen Pressekonferenz in Sachen Frauen- und Sozialpolitik ins Rathaus Schöneberg eingeladen. „Wir sehen in diesem Einigungsprozeß aber auch eine große Chance“, sagte Anne Klein, „wenn wir eine gemeinsame, neue Verfassung ausarbeiten, in der soziale Grundrechte wie: Das Recht auf Arbeit, das Recht auf Wohnen, das Recht auf KiTa-Plätze und soziale Absicherung verbrieftes Recht werden. Sind doch vor allem Frauen in beiden Wirtschaftssystemen auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt benachteiligt. Auch im Zuge des Umbaus der DDR-Wirtschaft werden es die Frauen sein, die an den heimischen Herd verbannt werden. Und sie sind darauf angewiesen, daß genügend KiTa-Plätze vorhanden sind, wenn sie als berufstätige Frauen auch Mütter sind. Jahrzehntelang hatten die Frauen in der DDR für ihre Kinder einen gesicherten KiTa-Platz. Das muß erhalten werden, forderten die Politikerinnen aus Ost und West.“ In kürzester Zeit ist die Frauenpolitik in der DDR zu einem Wahlkampfthema geworden, sagte Tatjana Böhm. „Doch den BÜrgerInnen werden die Köpfe vernebelt.“ War Abtreibung bisher kein Thema, was in der DDR öffentlich diskutiert wurde, so wird jetzt das Recht zum Schwangerschaftsabbruch in „eigener Verantwortung“, das die Frauen vom Staat geschenkt bekamen, vor allem von den konservativen Kräften Frage gestellt. Und es ist nicht damit zu rechnen, daß der Anschluß der DDR an die BRD in punkto Abtreibung den Frauen einen Fortschritt beschert. Steckt doch die Frauenbewegung der BRD in Sachen §218 eine Niederlage nach der anderen ein. „Jetzt und zwar sofort müssen die Rechte der Frauen verbrieft werden“, forderte Anne Klein. Einen ersten Schritt, um diese Forderungen umzusetzen, wird die Diskussion und die Erarbeitung einer DDR-Sozialcharta sein, um die sozialen Rahmenbedingungen festzuschreiben. Am Montag wird der Runde Tisch in Ost-Berlin darüber verhandeln. Die Politikerinnen wollen, wie Freya Klier es formuliert hat, „keine männlichen Feindbilder“ schaffen. Aber die Selbstverantwortung der Frauen - auch für die Gesellschaft - muß endlich beginnen.

m.e.