Nicaragua-betr.: "Nicaragua libre - Das Ende einer Hoffnung", taz vom 27.2.90 / betr.: "Denkzettel für die Sandinisten", taz vom 27.2.90

betr.: „Nicaragua libre - Das Ende einer Hoffnung“,

taz vom 27.2.90

Erst war ich auch „schockiert“, daß die sandinistische Revolution nach zehn Jahren einfach abgewählt wurde. Der Weltherrschaft des Kapitals wird kaum noch etwas entgegengesetzt. In Nicaragua wird die USA jetzt die zehnjährige politische und Handelsblockade beenden.

Aber im Gegensatz zu „unserem“ hochindustrialisierten, kapitalistischen Land, wo fast alle einen indirekten Nutzen von der Ausbeutung der Dritten Welt haben, wird die große Masse der NicaraguanerInnen davon kaum materielle Vorteile erwarten können. Die Linken in Nicaragua und hierzulande müssen lernen, den Willen der Mehrheit zu respektieren, auch wenn er ihnen nicht paßt. Die Hoffnungen von vielen NicaraguanerInnen auf eine kurzfristige Besserung ihrer Lage mit Hilfe des US-Kapitals sind jetzt größer. Aber diese Illusionen können schnell vergehen.

Deshalb ist es jetzt entscheidend, nicht die Nerven zu verlieren. Der Zorn auf die uneinsichtigen Menschen hilft nichts. Laßt uns weiter die revolutionären Kräfte in Nicaragua unterstützen.

Klaus Meyer, Hollenstedt

betr.: „Denkzettel für die Sandinisten“, taz vom 27.2.90

Gerade weil der Grund allen Übels, der 50 Prozent des Bruttosozialproduktes und Tausende von Menschenleben verschlang, der Krieg der USA also, ein außenpolitischer Faktor war, gerade deshalb mußte für alle NicaraguanerInnen, die durch die Wahl etwas an ihrer unerträglichen Situation verändern wollten, klar sein, daß sie nicht die Sandinisten wählen konnten. Deren Wahl hätte die Festschreibung des jetzigen Status bedeutet; die Wahl der Uno dagegen bedeutet Hoffnung (auf US-Gelder).

Für die Dollar-versorgte Soli-Elite samt Journalist vor Ort anscheinend ein Grund zum empörten Aufschrei „Verrat an der Revolution“. Aber den Menschen in Nicaragua geht es nicht um heroische Taten, es geht um den täglichen Reis. Für alle, die in der letzten Zeit einmal mit einer nicaraguanischen Familie gelebt haben, kommt das Wahlergebnis nicht überraschend.

Christof Dühnen, Berlin

Dies ist die Zeit der DemokratInnen: In Chile ein Demokrat als Präsident, Pinochet freiwillig auf dem Rückzug, in Polen, DDR, CSSR, Bulgarien und Rumänien demokratische Veränderungen, in der UdSSR selbtbewußte Minderheiten; nur VR China, Nordkorea und Albanien versuchen sich noch im perversen Stalinismus. Und nun noch Nicaragua.

Die bundesdeutsche Schickimicki-Linke heult auf, das Volk sei unwürdig der sandinistischen Bewegung, Unterstützung für das Volk müsse durch die Basisgruppen eingestellt werden. Eine wahrhaft humanistische Einstellung, gepaart mit der Akzeptanz freier Wahlen.

Um mit Brecht zu sprechen: Das Volk hat sich falsch entschieden, die Sandinisten müssen sich ein neues Volk wählen.

Uwe Barz, Berlin