Mit komödiantischem Blick

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Wann gab es das zum letzten Mal _ ein herzhaftes Lachen über die Geschichte dieses Landes. Ein Film wäre sofort zu nennen - Frank Beyers „Karbid und Sauerampfer“ - eine Babelsberger Sternstunde aus dem Jahre 1964. Die Leser des Filmspiegels wählten ihn neben elf weiteren Filmen zu den besten der DEFA. Allerdings stand diese Wahl noch im Zeichen des 40. Jahrestages, danach wäre sie vielleicht anders ausgefallen, man denke nur an die „Regalfilme“.

Die Komödie „Karbid und Sauerampfer“ kann sich davon unbeeindruckt zeigen, steht sie doch mit Konrad Wolfs „Geteiltem Himmel“ am Anfang eines Versuches, Vergangenheit und Gegenwart anders zu erzählen. Dieses Experiment setzte nach dem Mauerbau ein. In Babelsberg begann sich einiges zu bewegen. In den verschiedensten Bereichen bildeten sich Arbeitsgruppen, die zu einer Dezentralisierung führten. Das setzte künstlerische und politische Möglichkeiten frei, die Phase zählt zu den produktivsten der DEFA-Geschichte. Regisseur Günter Reisch („Die Verlobte“, „Anton der Zauberer“) über diese Zeit: „Wir waren der Meinung, jetzt seien wir endlich unter uns und könnten uns mal alles von der Seele lachen.“ Das 11. Plenum des ZK der SED 1965 setzte dem ein jähes Ende.

Frank Beyer, von dieser Entwicklung nicht verschont, erzählt in „Karbid und Sauerampfer“ von einem Kurt Blücher, der im Sommer 1945 sieben Fässer Karbid von Wittenberge nach Dresden transportieren soll. Allein. Seinen Weg erschweren Gauner, Besatzungsmächte, liebestolle Witwen und sein ständig knurrender Magen.

Erwin Geschonneck spielt diesen deutschen Schwejk, dem in den schwierigsten Situationen immer etwas einfällt, verschmitzt, verschlagen, mit Herz und Cleverness. Geschrieben hat das Ganze der heute fast vergessene Drehbuchautor Hans Oliva. Neben „Anton der Zauberer“ ist dies wohl der einzige Film (die „Regalfilme“ mal ausgenommen), der sich dieser Zeit mit komödiantischem Blick nähert. (DDR 1, heute, 20.05 Uhr).

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