Chemie-Fabrik Rabta brannte

■ Ausmaß des Schadens in Libyens verdächtiger Chemiefabrik noch unklar/ USA bestreitet Verwicklung

Berlin (taz) - In der umstrittenen libyschen Chemiefabrik Rabta ist es am Mittwochmorgen zu einem Brand gekommen. Über das Ausmaß des Feuers existieren widersprüchliche Angaben. Während nach Berichten der libyschen Nachrichtenagentur JANA lediglich einige Maschinen Feuer gefangen hätten, soll die Fabrik nach Informationen der amerikanischen Fernsehgesellschaft ABC bis auf die Grundmauern niedergebrannt sein.

Die Chemiefabrik Rabta, 80 Kilometer südlich von Libyens Hauptstadt Tripolis, ist in der Vergangenheit mehrfach dem Verdacht ausgesetzt gewesen, chemische Kampfstoffe herzustellen. Zuletzt hatte Marlin Fitzwater, Sprecher des Weißen Hauses in Washington, unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse behauptet, Rabta hätte im zweiten Halbjahr 1989 bereits 30 bis 50 Tonnen Giftgas produziert eine Menge, die für 150 chemische Bomben ausreichend sei und „energische“ internationale Bemühungen gefordert, um die Giftgaserzeugung zu stoppen. Dabei hatte er auch militärische Aktionen gegen die Anlage nicht ausgeschlossen. „Rabta ist gefährlich und wird es täglich mehr“, hatte Fitzwater erklärt.

Auch Bonn hatte sich an den Vorwürfen beteiligt und Anfang Februar die USA-Regierung unterrichtet, daß in Rabta wahrscheinlich Senfgas hergestellt werden könne. Im vergangenen Jahr noch war es zwischen Bonn und Washington zu ernsten Spannungen gekommen, als sich herausstellte, daß Kernstücke der verdächtigten Chemiefabrik von der BRD-Firma Imhausen-Chemie geplant und geliefert worden waren.

Nach libyscher Darstellung dient Rabta ausschließlich der Medikamentenherstellung. In der vergangenen Woche war zwischen Libyen und Ägypten eine Zusammenarbeit im Gesundheitswesen verabredet worden, die sich auch auf die Chemiefabrik erstrecken sollte. In diesem Zusammenhang hatten die arabischen Gesundheitsminister die amerikanischen Drohungen gegen Rabta verurteilt.

Sofort nach Bekanntwerden des Brandes hat USA-Präsident Bush jedoch jeden Verdacht einer Verwicklung in den Fall zurückgewiesen. ABC zitierte dagegen namentlich nicht genannte libysche Sicherheitsbeamte, die Israel und die USA für das Feuer verantwortlich machten und Sabotage als Brandursache nicht ausschlossen. Angesichts der anhaltenden Verdächtigungen und aggressiven Beschuldigungen von Seiten der USA, die sich in der jüngsten Vergangenheit häuften, hat das Dementi von Präsident Bush die Mutmaßungen über amerikanisch-israelisches Zusammenwirken zur Sabotage der Chemiefabrik allerdings nicht restlos zerstreuen können, zumal die Herstellung und Lagerung von Giftgas überhaupt nicht der Ächtung unterliegen.

st