Maiziere: „Ein Zaun wäre zu teuer“

■ CDU auf der Suche nach einem Ministerpräsidenten-Kandidaten / Streit um Regierung nur hinter den Kulissen / Koalitionsangebot an Liberale und an SPD / Gestern Mittag wollten SPD-Vorstandsmitglieder aber mit der DSU noch nicht zusammen regieren

Berlin (dpa/taz) - „Die Mauer muß so schnell wie möglich beseitigt werden“, erklärte gestern der Vorsitzende der CDU, Lothar de Maiziere, auf einer ersten Pressekonferenz nach der Wahl. Durch einen Zaun sollte die Mauer nicht ersetzt werden: „Einen Zaun hielte ich für Geldverschwendung“.

Eigentlich wollte die Allianz gemeinsam ihr Koalitionsangebot verkünden, aber DSU-Chef Ebeling ließ sich entschuldigen. Die „Allianz für Deutschland“ will eine „möglichst große Koalition“ bilden, erklärte Maiziere. Die drei Parteien der Allianz hätten die Sozialdemokratische Partei Deutschlands und den Bund Freier Demokraten zu Koalitionsgesprächen eingeladen.

Neben de Maiziere stellte sich auch der amtierende Vorsitzende des Demokratischen Aufbruch, Rainer Eppelmann, hunderten Journalisten und mindestens 50 Fernseh-Teams aus aller Welt.

Die fünf Punkte, auf die sich die Allianz geeinigt hat, waren wenig überraschend: Möglichst bald soll es zur Währungs- und Sozialunion kommen. Einen Termin wollte de Maiziere aber nicht sagen, „um den Spekulanten das Wasser abzuschneiden“. Die Länderstrukturen sollten wiederhergestellt werden, die DDR bleibe auch unter einer konservativen Regierung „vertragstreu“.

Auf Personalfragen, die die anwesende Presse am meisten interessiert hätten, wollten de Maiziere und Rainer Eppelmann nicht eingehen. Die drei Parteien streben eine Fraktionsgemeinschaft in der Volkskammer an. Eppelmann, dessen Demokratischer Aufbruch eine vernichtende Quittung durch die WählerInnen bekommen hatte, wollte für sich dennoch eine Rolle in der Regierung nicht ausschließen.

Die beiden präsentierten sich nicht als strahlende Sieger. De Maiziere meinte auf die Frage, wie er sich fühle, er habe schon „Situationen erlebt, die weniger bedrückend“ seien. Die Anzeichen verdichten sich, daß Maiziere selbst nicht das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen will.

Auch die Spitze der Bonner CDU ist für eine Beteiligung der SPD an einer Koalitionsregierung mit dem konservativen Bündnis „Allianz für Deutschland“. „Ob die SPD an der Regierung teilnehmen will oder nicht, muß sie nun selbst entscheiden“, sagte ein Teilnehmer nach der CDU-Sitzung. Der CDU-Vorsitzende, Bundeskanzler Helmut Kohl, hatte sich noch am Wahlabend für ein breites Regierungsbündnis in der DDR ausgesprochen, da mit wenigen Stimmen Mehrheit die anstehenden schwierigen Probleme nicht gelöst werden könnten.

Dem Vernehmen nach will Kohl jetzt einen Zeitplan für die Schaffung der Währungsunion und die Einleitung der Wirtschaftsreform in der DDR ausarbeiten. CDU -Generalsekretär Volker Rühe wird am Dienstag in Berlin mit den Parteien der Allianz zusammentreffen.

Vor Beginn der SPD-Vorstandssitzung in Berlin wandten sich die meisten Führungsmitglieder gegen ein Zusammengehen mit der konservativen Allianz. Geschäftsführer Stephan Hilsberg sagte, „bei uns kommt eine Regierungsbeteiligung, wenn die DSU dabei ist, nicht in Frage“. Die SPD werde aber nicht auf die Allianz zugehen, meinte Hilsberg. Vorstandsmitglied Walter Romberg erklärte, er „persönlich“ sei dafür, Sondierungsgespräche zu führen. Martin Gutzeit, einer der Mitbegründer der SPD, sagte, die CDU solle nun zeigen, „wie sie mit ihrer dicken Mehrheit regieren“ könne.

Auf der vorangegangenen SPD-Präsidiumssitzung war beschlossen worden, eine Sondierungsgruppe für eventuelle Koalitionsverhandlungen zu bilden.

K.W.