Die Straße ist d e r Ort

Herbst 1989. Auf bedrückende Art und Weise werden dem Zuschauer beider Videofilme Ereignisse des Wendebeginns vor Augen geführt:

Makulatur 7/10/89

(von Kerstin Süske)

40. Jahrestag der DDR. Das Volk ist zu einem Fest geladen. Und erscheint nicht. Eine bis dahin handlungsunfähig gewordene Regierung inszeniert Selbstdarstellung.

Was wir kannten und doch bis dahin duldeten: ritualisierten Optimismus auf der einen, Angst auf der anderen Seite. Die Straße ist der Ort in diesen Tagen. Alle benutzen ihn: Die Kindergartengruppe zum Feiern eben jenes Jubiläums. Panzer, die Macht verkörpern sollen, dröhnen durch die Stadt. Die Erlöserkirche - eine Zukunftswerkstatt - ist Treffpunkt Andersdenkender

Und abends dann die Demo von Knüppeln begleitet.

Diesseits und jenseits der deutschen Grenze. Gespräche im Herbst

(von Lew Hohmann und Joachim Tschirner)

Keine Gewalt - Forderung der Demonstranten. Viele von ihnen werden festgenommen. Auch völlig Unbeteiligte. Sie berichten von den Übergriffen der Sicherheitsorgane, von ihren Festnahmen, ihrer Betroffenheit.

Heimatverlust - Eine kinderreiche Familie aus der DDR nennt im Notaufnahmelager die Gründe für ihre Flucht. Bis zum August hatten sie Hoffnung. Doch die letzte wurde genommen durch den Machtantritt von Egon Krenz. Bestürzend, welch‘ großes Leid mit diesem Schritt verbunden war. Und der Ahnung. „Die, die bleiben, haben eine wichtige Aufgabe.“

Konstruktives Mißtrauen - Maueröffnung. Einen Tag später ruft die damalige SED-Führung zum Parteitreffen in den Lustgarten. Drei junge Mitglieder beschreiben kritisch ihre Erlebnisse auf diesem Meeting. Massiv sind die Angriffe auf Andersdenkende. Kein Dialog scheint möglich. Führungsunfähigkeit zeigt sich öffentlich.

Beide Videos, entstanden Oktober/November 1989 in Berlin, werden am 22.März, 20 Uhr in der Galerie Ring, 1020, Weinmeisterstraße 8 gezeigt. Anschließend Gespräch mit den Filmemachern.