Kinder an die Macht

■ Demo für Leipziger Kindertheater / 3.000 auf der Straße „Gebt den Kindern das Kommando“

Eine „Armee von Gummibärchen“ war aufmarschiert. Kinder zwischen einhalb und zwölf ließen ihre Freunde vom Theater nicht im Stich. Das „Theater der Jungen Welt“ hatte bis zum 28. August vergangenen Jahres seine feste Spielstätte im Weißen Saal der Leipziger Kongreßhalle. Dann brannte das Theater ab und die 16 Schauspieler standen heimatlos auf der Straße. Seit 7 Monaten tingeln sie nun über die Bühnen des Landes. Das soll sich ändern. Das „Theater der Jungen Welt“ will sein eigenes Haus. Ein Haus für Kinder. Zum singen, tanzen, musizieren und zum Theater spielen. Deshalb lud Ensembleleiter Hans Gallert zur Demo durch die Stadt ein. Die Kinder sollten auf selbstgebastelten und bemalten Schildern ihre Forderungen veröffentlichen. „In diesen Tagen ist von so vielem die Rede“, meint Theatermann Gallert, „von den Rechten der Kinder aber nicht.“

Dem Trübsinn ein Ende. Die Kinder gehen in die Offensive. Sie kamen in Schaaren. Nicht alleine, manche konnten eben ihre Eltern nicht allein zu Hause lassen. Die Stadt horchte auf, denn die Kinder schlugen Krach. Mit Flaggen, Trommeln, Triolas, Rasseln und Trillerpfeifen. Und mit ihren Transparenten: „Mehr Abenteuerspielplätze im Zentrum“, „Zu meinem Geburtstag ein neues Theater“ oder „Wir sind für Arbeitsgemeinschaften“. Und Christi und Kathleen (beide zwölf) trugen ein Schild mit der Aufschrift: „Behinderte Kinder brauchen auch Freunde!“. Im Zirkus Berolina hatten sie am Vorabend von der Demo gehört. Spätabends war dann noch ihr Schild entstanden.

Gebt den Kindern das Kommando. Dann würden sie zum Beispiel in Leipzig dafür sorgen, daß das riesengroße „Haus der DSF“ endlich ausgelastet wird oder das der große Saalbau im ehemaligen Stasi-Haus endlich einmal genutzt wird. An beiden Gebäuden führte der fröhlich-krakelende Zug am Samstagvormittag vorbei. Bevor er den Leipziger Marktplatz okkupierte und die Demo mit einem musikalischen Theaterspektakel (natürlich für Kinder) abschloß. Nur schade, daß die Erwachsenen zur gleichen Zeit schon wieder zu tun hatten, an den umliegenden Ständen ihre Konsumgier zu befriedigen. Aber es ist ja alles für die lieben Kleinen. Da freue ich mich doch lieber über die singende, hüpfende Mutti, die vom Kinderzug angesteckt, fröhlich ihren Kinderwagen nach Hause schiebt. An ihm ist der vorausblickende Spruch angebracht: „Für eine bessere Schulspeisung“. Na ja, vom Theater weiß ihr Baby ja auch noch nichts.

Hagen Boßdorf