: Böhme dementiert
■ SPD-Chef Böhme läßt wegen Stasi-Vorwurf Amt und Volkskammer-Mandat ruhen
Berlin (taz) - „Zu keinem Zeitpunkt“, dementierte der Vorsitzende der SPD der DDR, Ibrahim Böhme, gestern den Vorwurf, habe er als „Informeller Mitarbeiter“ und auch gegen Geld für die Staatssicherheit gearbeitet. Seit einigen Wochen kursierte das Gerücht. Der 'Spiegel‘ berichtete gestern, er habe einen angeblichen Führungsoffizier Böhmes ausfindig gemacht, der ungern Auskunft gegeben haben soll, dann aber doch Details nannte. Böhmes Dementi ließ keine Lücke: „Persönlich erkläre ich, daß ich zu keinem Zeitpunkt und über keine Personen für das Ministerium für Staatssicherheit, in dem Ministerium für Staatssicherheit oder mit dem Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet oder wissentlich Informationen an dieses weitergegeben habe“, erklärte er. Der Spiegel-Informant hatte behauptet, Böhme habe seit dem Ende der 60er Jahre in Greiz, Neustrelitz und schließlich in Berlin unter dem Decknamen Paul Bongartz, Dr. Rohloff und Maximilian als „IM“ für die Stasi gearbeitet. Er habe manchmal 500 Mark, manchmal mehr oder auch mal einen Parka erhalten.
Trotz Dementi will Böhme sein Volkskammer-Mandat ruhen lassen, bis die Vorwürfe geklärt sind. Schon in den nächsten Tagen soll die vom Runden Tisch eingerichtete Kommission, zu der Bischof Forck gehöre, mit Zustimmung Böhmes seine Akte aus der Stasi-Zentrale Normannenstraße ein sehen.
Der zum amtierenden SPD-Vorsitzenden eingesetzte Markus Meckel berichtete von der Empörung des SPD-Präsidiums über die Vorwürfe. Das neue Parlament werden „in den Schmutz gezogen“. Das Vertrauen in den Vorsitzenden könne durch Berichte der Art des Spiegel nicht erschüttert werden. Meckel sprach von einer „Fortsetzung von Staatssicherheits -Methoden“. Er werde „lieber von einem Freund enttäuscht als ihm zu mißtrauen“, meinte Meckel und benutzte damit ähnliche Worte wie der Schnur nachgerückte Vorsitzende des Demokratischen Aufbruch, Rainer Eppelmann.
Böhme erklärte auf Nachfrage, er kenne einen Mann, der der Informant des Spiegel gewesen sein könnte. „Er war mir nicht bekannt als Stasi-Offizier. Aber ich mißtraute ihm in dem Versuch, sich mir zu nähern“, berichtete Böhme. Den Namen des Mannes, den er seit 1984 kenne, wolle er nicht nennen.
Amtierender Vorsitzender der SPD-Fraktion wird Richard Schröder sein. Der berichtete im Anschluß an die Böhme -Pressekonferenz von dem informellen und „persönlichen“ Gespräch, das drei Mitglieder der SPD-Fraktion mit dem CDU -Vorsitzenden de Maiziere gehabt hatten. De Maiziere sei ihm als „ein Mann, der sich um die Situation des Landes Sorge macht“, erschienen, berichtete Schröder. Trotz hartnäckiger Nachfragen wollte Schröder die Koalitionsdebatte der Fraktion nicht durch eigene Meinungsäußerungen vorwegnehmen. Er berichtete von den Telegrammen, die den Parteivorstand von der Basis erreichen. Die würden auf drei Haufen verteilt: Koalition unter keinen Umständen, Koalition unbedingt, Koalition nur ohne DSU. Die Höhe der Haufen sei „50:50“, meinte Schröder.
K.W.
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